Eine neue Webanwendung verspricht die einfache Berechnung der Ökobilanz

Manuel Pestalozzi
3. luglio 2023
Mit vergleichsweise wenigen Daten zu Standort, Materialien und Konstruktion lassen sich über das neue EcoTool Prognosen zur Ökobilanz eines Bauprojekts errechnen. Die Genauigkeit liegt dabei bei rund 20 Prozent. Dies entspricht in etwa dem Niveau der ersten Kostenkalkulation. (Foto: © ZPF Ingenieure AG)

Die Ökobilanz von Gebäuden sollte ganzheitlich betrachtet werden. Das ist mittlerweile die Forderung vieler Architekt*innen. Der Fokus auf einzelne Teilbereiche, etwa die Gebäudetechnik, die verbauten Materialien oder den Energieaufwand bei der Erstellung, ist nicht zielführend. Nur logisch scheint auch, die Ökobilanz möglichst früh im Entwurfsprozess kennen und berücksichtigen zu wollen. Doch nicht immer ist das in der Praxis ohne weiteres möglich: «Allzu oft wird mehr geraten und geglaubt als gerechnet und geprüft», sagt Nico Ros, Mitinhaber des Basler Ingenieurbüros ZPF. Unter seiner Leitung haben ZPF Ingenieure darum gemeinsam mit den kantonalen Dienststellen Immobilien Stadt-Basel und Städtebau und Architektur ein Online-Tool entwickelt, das Architekt*innen, aber auch Bauherrschaften helfen soll, frühzeitig die Ökobilanz von Neubauprojekten zu kennen.  

Nun steht das Werkzeug unter ecotool.org allen kostenlos zur Verfügung. Bereits seit 2021 wird die Webanwendung vom Kanton Basel-Stadt genutzt. Eingesetzt wurde sie dabei vor allem zur Bewertung der Ökobilanz von Wettbewerbsentwürfen – so geschehen etwa bei den Wettbewerben für die Bauvorhaben am Schliengerweg 31 und im Entwicklungsgebiet Walkeweg.

In einem ersten Schritt werden Daten zu den Bauteilen erfasst und miteinander verglichen. Anschliessend können der THG-Wert (Messeinheit für die Treibhausgasemissionen), der UBP-Wert (Umweltbelastungspunkte) und die graue Energie beziffert werden. (© ZPF Ingenieure AG)

Um das EcoTool zu nutzen, braucht es vergleichsweise wenige Daten zum Standort, den eingesetzten Materialien und der Konstruktion, also konkret zu Decken-, Wand- und Fassadenaufbauten. Untersuchungen des Büros ZPF sowie der international anerkannten Experten Werner Sobek und Thomas Jusselme haben gezeigt, dass diese Bauteile den Grossteil der Umweltbelastungen im Hochbau generieren. Laut den Entwicklern erreicht das EcoTool eine Genauigkeit von plus/minus 20 Prozent und bewegt sich damit auf dem Niveau der ersten Kostenkalkulation.

Als Berechnungsgrundlage dienen die Werte der «Ökobilanzdaten im Baubereich» der Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren (KBOB). Die Berechnung erfolgt dann auf Basis der SIA 2032. Die Auswirkungen der haustechnischen Anlagen auf die Ökobilanz werden mithilfe von Referenzwerten berücksichtigt. Die Betriebsenergie schliesslich wird auf Grundlage der SIA-Normenreihe 380 abgeschätzt.

Die Webanwendung soll nun kontinuierlich weiterentwickelt werden. Schon jetzt können auch Normen und Daten aus anderen Ländern hinterlegt werden. Auch sind bereits Versionen in anderen Sprachen möglich.

Die geschätzte Energiebilanz lässt sich getrennt nach Erstellung und Betrieb oder aber in Kombination wiedergeben und visualisieren. (© ZPF Ingenieure AG)

Die Entwicklung des Tools mit Fokus auf Wettbewerbe beziehungsweise Wettbewerbsentwürfe lässt erahnen, dass die Ökobilanz künftig ein wesentliches Beurteilungskriterium für die Qualität von Architektur werden könnte – zumal wenn sich vermehrt einflussreiche Bauherrschaften auf die Fahnen schreiben, für ein nachhaltiges Bauen einzutreten. Das ist eigentlich eine gute Nachricht. Doch gerade in Zeiten, da neue Lösungsansätze schnell verabsolutiert werden und ein kritisches Abwägen zuweilen nicht in ausreichendem Masse stattfindet, ist darauf hinzuweisen, dass Umweltfreundlichkeit allein keinen umfassend guten Bau garantiert, der lange erhalten bleibt. Hinzu kommen müssen viele weitere Qualitäten, etwa in räumlicher und sozialer Hinsicht. Und ferner sollten Wettbewerbe sich grundsätzlich nicht zum kostgünstigen Einsammeln pfannenfertiger Bauprojekte entwickeln, bei dem prognostizierte Zahlen weitaus wichtiger genommen werden als architektonische Konzepte.

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