Vetternwirtschaft im Strassenbau?
Jenny Keller
20. mai 2015
Bild: tcs.ch
Der Tagesanzeiger berichtet von einer «Vergabewillkür» beim Bundesamt für Strassen, Astra. Das Astra verteidigt seine Vergabe-Praxis und macht auf den Bauingenieursmangel aufmerksam.
Nicht nur in Mailand wird nicht immer ganz transparent gebaut. Auch hierzulande soll, zumindest auf den Strassen, das Vergabewesen etwas undurchsichtig sein. So berichtet der Tagesanzeiger in seiner Titelgeschichte vom 20. Mai. Wir lesen, dass das Bundesamt für Strassen, Astra, jedes Jahr gegen 2 Milliarden Franken verbaut, jedoch nicht genügend Kapazität hat, die rund 600 laufenden Projekte selbst zu betreuen. «Deshalb überträgt das Astra einen Teil der Projektarbeiten externen Ingenieuren. Das kostet viel Geld: Für sogenannte Bauherrenunterstützung (BHU) hat das Astra alleine in den letzten drei Jahren Aufträge im Wert von fast 130 Millionen Franken vergeben.»
Diese Bauherrenunterstützer sollen sich nun gegenseitig zu Aufträgen verholfen haben – auf jeden Fall kommt der Tagesanzeiger bei zwei Projekten auf der A2 zu dieser Vermutung: «Als BHU fungiert im ersten Projekt die Jauslin Stebler AG, im zweiten die Rapp Infra AG. Die Planermandate für die beiden Projekte hat das Astra parallel ausgeschrieben. Im ersten Projekt erhielt eine von Rapp Infra angeführte Ingenieursgemeinschaft den Zuschlag. Im zweiten, bloss drei Monate später, ging der Auftrag an – Jauslin Stebler, ebenfalls als Kopf einer Ingenieursgemeinschaft.»
Ein Astra-Sprecher habe den Vorwurf der Vetternwirtschaft aber zurückgewiesen, denn im «relativ kleinen Schweizer Markt» sei es nichts Ungewöhnliches, dass sich die einzelnen Akteure immer wieder begegneten. Und der neue Astra-Direktor Jürg Röthlisberger behält den Reputationsverlust infolge Korruption scharf im Auge, wie er dem Tagesanzeiger gesagt haben soll. Es steht weiter: «Die heutige Praxis mit dem Beizug der externen Bauherrenunterstützer verteidigt der Astra-Direktor vehement. Die Alternative dazu wäre, dass das Astra 200 zusätzliche Bauingenieure einstellen würde, erklärt er. Doch diese seien auf dem Arbeitsmarkt gar nicht verfügbar.»