Undogmatischer Denker – zum Tod von Andreas Denk
David Kasparek
21. juin 2021
Foto: Till Budde
Er war nicht nur einer der einflussreichsten, sondern auch einer der geschätztesten Architekturkritiker Deutschlands – am vergangenen Freitag, dem 18. Juni 2021, ist Andreas Denk viel zu früh verstorben.
Andreas Denk, 1959 in Dortmund geboren, stellte sich schon in seiner Studienzeit breit auf: Von 1982 bis 1990 studierte er Kunstgeschichte, Städtebau, Geschichte sowie Ur- und Frühgeschichte in Bochum, Freiburg und Bonn. Schon während dieser Zeit begann er seine Tätigkeit als Korrespondent für das Kunstforum International. Für das Haus der Geschichte in Bonn baute er von 1989 bis 1991 als wissenschaftlicher Mitarbeiter die Designsammlung mit auf. 1993 stiess er dann als Redakteur zum Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA), wo er zunächst für die hauseigene Zeitschrift der architekt begann, jedoch weiterhin als freier Architekturkritiker tätig war. Im Jahr 2000 schliesslich wurde er in Folge von Ingeborg Flagge und Wolfgang Jean Stock Chefredakteur des Magazins. Zunächst mit Lehraufträgen, dann mit einer Vertretungsprofessur lehrte Andreas Denk seit 2008 an der damaligen FH Köln Architekturtheorie, 2014 wurde er zum ordentlichen Professor für dieses Fach der inzwischen als Technischen Hochschule Köln firmierenden Lehranstalt berufen. Seit 2015 war er zudem ordentliches Mitglied der Klasse Kunst der Akademie der Wissenschaften und der Künste Nordrhein-Westfalen und in zahlreichen anderen Gremien und Institutionen engagiert: so etwa als Vorsitzender der Gesellschaft für Kunst und Gestaltung (Bonn), im Vorstand der Hans-Schaefers-Stiftung (Berlin) und als Kurator des Vorstands des Architekturforums Rheinland e.V..
Foto: Till Budde
Foto: Till Budde
Seine Interessen waren zahlreich: Film, Musik, Design, Fussball. Über alles konnte man mit ihm sprechen, zu vielem hatte er eine Meinung oder war in der Lage, sich schnell und reflektiert eine zu bilden. Vor allem aber war es die Architektur, die ihn umtrieb – was sie ausmacht, welchen Herausforderungen sich Architekt*innen stellen müssen und welche Verantwortung sie tragen. Kaum ein architekturspezifisches Buch, das er nicht gelesen hatte. Seine Wohnung glich einer Bibliothek, in der das kreative Chaos herrschte: Regale voller Publikationen, auf dem Boden die Stapel neuer Bücher, rund um den Schreibtisch Türme aus Büchern, Ordnern und Zetteln, die für aktuelle Projekte als Handapparat dienten. Und überall Teile seiner Sammlung farbigen Glases: Vasen, Teller, Gläser und Krüge.
Foto: Till Budde
Für den BDA wurde Andreas Denk im Laufe der Zeit zu einem unverzichtbaren Impulsgeber. In unzähligen Arbeitskreisen und Gremien gab er die Stichworte für viele Initiativen, Publikationen und Veranstaltungen, brachte Steine ins Rollen, dachte Angesprochenes weiter und sprach Ungesagtes aus. Seit 2007 versuchte er in der architekt, der Titel inzwischen ausschliesslich in Minuskeln gesetzt, mit der Rubrik «kritischer raum» auszuloten, wie Architekturkritik aktuelle Bauten beschreiben und deuten kann – ohne historische Bezüge aus den Augen zu verlieren. Neben der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung – auch für kommende Generationen – und den sozialen Zusammenhängen ging es ihm dabei immer wieder um den Raum. Zahlreiche Ausgaben zu diesem Thema sind in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat der Zeitschrift in den letzten Jahren ebenso entstanden wie eine gemeinsam mit Uwe Schröder und Rainer Schützeichel vorgelegte, kommentierte Anthologie mit wichtigen Schriften zum Raum. Argumente wollte er damit liefern, auf dass Architekt*innen ihre Arbeit selbst reflektieren, diese aber vor allem auch nach aussen in die Gesellschaft vermitteln können.
So viel hätte noch kommen können und sollen von diesem dogmatisch undogmatischen Denker, aktuell arbeitete Andreas Denk unter anderem an einer Monographie eines Kölner Architekten. Die gelegten roten Fäden der inhaltlichen Themen der Redaktionsarbeit sollten fortgeführt werden. Neben dem Raum waren da der Umgang mit dem Bestand, die klimaresiliente Architektur und Stadt sowie die Architekturtheorie und -philosophie.
Am vorvergangenen Sonntag erlitt Andreas Denk einen Herzinfarkt, der ihn den Weg zurück ins Leben nicht mehr finden liess und an dessen Folgen er am 18. Juni in Hamburg verstarb.