Rekurs abgelehnt
Elias Baumgarten
14. février 2019
Der von Santiago Calatrava gestaltete Neubau beim Bahnhof Stadelhofen. Bild: Calatrava Valls SA
Santiago Calatrava versucht die Erweiterung des Bahnhofs Stadelhofen zu verhindern, den er einst gestaltet hat. Zeitgleich plant er unmittelbar daneben einen Bau für den Versicherer AXA Winterthur. Ein Rekurs gegen das fragwürdige Projekt wurde abgewiesen.
Gestern ging schweizweit durch die Presse: Santiago Calatrava will den Umbau des Bahnhofs Stadelhofen verhindern, der 1990 nach seinen Plänen gebaut wurde. Dem Architekt und Ingenieur ist bange, weil im Untergeschoss zwei Durchbrüche für ein neues Gleis geschaffen werden sollen. Er fürchtet um dessen Charakter. Gestern musste er in erster Runde vor dem Bundesverwaltungsgericht jedoch eine Niederlage einstecken: Die Richter stellten fest, dass die Interessen der Eigentümerin SBB vor den seinen gingen. Dass der Umbau seine Urheberrechte verletze, erkannten sie nicht an. Unabhängig von der Erweiterung des Bahnhofs plant Santiago Calatrava für die Versicherungsgesellschaft AXA Winterthur gleich nebenan einen Ersatzneubau des historischen Hauses zum Falken, das 1819 errichtet wurde. Und auch dieser Eingriff in die Bausubstanz beschäftigte jüngst die Juristen.
Für 46 Millionen Franken will die AXA Winterthur neben dem Bahnhof Stadelhofen ein neues Geschäftshaus bauen lassen. Den Architekturwettbewerb für das neue Haus hat Santiago Calatrava gewonnen und der Stadtzürcher Gemeinderat segnete im Januar 2018 den Gestaltungsplan ab. In den Untergeschossen sollen demnach 1'000 Veloabstellplätze untergebracht werden. Von dort wird es einen Zugang zu den nahen Bahnanlagen geben. Diese Idee bedeutet einen städtebaulichen Mehrwert, weil durch das Aufräumen der Fahrräder im Untergrund der öffentliche Raum um den Bahnhof besser nutzbar wird. Doch im August 2018 reichten Gegner des Projekts einen Rekurs ein, der nun abgewiesen wurde. Das Gericht befand, das Projekt sei eine architektonisch wie städtebaulich wertvolle Baumassnahme, die den benachbarten Bahnhof ergänze und im Interesse der Bevölkerung sei. Dass das historische Haus zum Falken dem Neubau weichen muss, wurde nicht als Argument gelten gelassen. Schliesslich, so heisst es in der Urteilsbegründung, sei jenes bereits 2014 aus dem kommunalen Inventar schützenswerter Bauten gestrichen worden.
Die stählernen Rippen des Bahnhofs sollen an der Fassade aufgenommen werden. Bild: Calatrava Valls SA
Exaltierte SchwereDas Urteil macht den Weg frei für den Abriss des Altbaus, in dem sich bis zum Frühjahr 2018 das traditionsreiche Café Mandarin befand, und die Umsetzung von Santiago Calatravas Entwurf. Dieser erinnert von aussen entfernt an die Bugspitze eines Schiffsrumpfs. Leider hat das grosse Volumen nur wenig von der Leichtigkeit und Eleganz seiner benachbarten Bahnhofsüberdachung. Zwar nimmt es deren stählerne Rippen auf, doch bleibt dahingestellt, ob diese als Elemente zur Fassadengliederung wirklich Sinn ergeben. Auf den übrigen Kontext geprägt von alten Häusern und Villen nimmt der geplante Neubau wenig bis gar keine Rücksicht. Einzig deren Traufhöhe soll aufgenommen werden. Es bereitet grosse Mühe nachzuvollziehen, wieso das Gericht den Planungen aussergewöhnliche Qualität bescheinigte. Es steht zu befürchten, dass der Bau einen massstabslosen Solitär abgeben wird.