Ein Stück Vorarlberg in St. Gallen
Ulf Meyer
9. mars 2020
Foto: Elisa Florian, St. Gallen
Das österreichische Büro Baumschlager Hutter Partners hat ein Wohnhaus in St. Gallen gestaltet. Die Stadt forderte eine Überarbeitung des ersten Entwurfs – das hat sich ausgezahlt, findet Ulf Meyer.
Genau an der Stelle, an der die dichte, mehrgeschossige Bebauung im Zentrum von St. Gallen in ein Gebiet mit Stadtvillen in der nördlichen Umgebung übergeht, haben Baumschlager Hutter Partners aus Vorarlberg ein Wohnhaus entworfen. Eine Familie hatte das Grundstück samt eines leerstehenden alten Bauernhauses gekauft, um letzteres durch einen Neubau zu ersetzen. Die Stadt hatte eine Überarbeitung des ursprünglichen Entwurfs angeregt, um die Distanz des Wohnkubus zu den benachbarten Bauten zu vergrössern – eine guter Zug, denn so liessen sich die halbprivaten und privaten Aussenräume rund um das Haus mit acht Wohnungen besser verteilen. Nördlich wurde ein Spielplatz angelegt, trotzdem bleibt der Garten der Eigentümer im Erdgeschoss gross. Eine alte Fichte und die Föhre auf dem 1'200 Quadratmeter grossen Grundstück konnten erhalten bleiben.
Foto: Elisa Florian
Foto: Elisa Florian
Dass die Architekten keine Balkone, sondern Loggien für die Austritte wählten, führte zu einer klaren Gebäudeform. Die Loggien und Fenster liegen in den unterschiedlichen Etagen nicht stur übereinander, sondern «wandern» über die Fassade, was dieser Spiel und «Lässigkeit» verleiht. Das ist gut, schliesslich hat das Mehrfamilienhaus an der Lessingstrasse eine prominente Lage an einer Strassenkreuzung, täglich sehen es viele Menschen. Die Zufahrt zur Tiefgarage wurde zur Wartensteinstrasse gelegt und so geplant, dass auch die Nachbargrundstücke in Zukunft darüber erschlossen werden können.
Foto: Elisa Florian
Das Gebäude in Massivbauweise hat eine geflammte Vorhangfassade aus dunklen Holzlatten. Das Untergeschoss und die Tiefgarage sowie die Geschossdecken, die aussteifenden Wände, die Treppen und der Fahrstuhl-Kern wurden in Ortbeton ausgeführt. Die übrigen Bauteile wurden gemauert oder entstanden in Leichtbauweise. Die klaren Linien des Gebäudes kontrastieren mit den «weichen Formen des Gartens», so die Architekten. Die Gärten wurden mit Buchshecken und heimischen Bäumen gestaltet, über die Rasenflächen führen Wege mit Kiesbelag.
Ein Hauch Vorarlberger Architekturauffassung prägt nun die Lessingstrasse. Farb- und Materialwahl heben den Neubau aus seinem städtebaulichen Umfeld deutlich heraus. Die Überarbeitung der Gestaltung hat gutgetan.