Der Wakkerpreis – leuchtende Beispiele Schweizer Siedlungsentwicklung
Ulf Meyer, Elias Baumgarten
21. mars 2022
Auch die Entwicklung von Monte Carasso im Tessin, der international grosse Bewunderung zuteil wird, wurde schon mit dem Wakkerpreis gewürdigt. (Foto © Schweizer Heimatschutz)
Seit nunmehr 50 Jahren vergibt der Schweizer Heimatschutz seinen Wakkerpreis an Schweizer Städte und Gemeinden. Immer wieder hat er mit der Auszeichnung wichtige Anstösse gegeben und Debatten ausgelöst.
In diesem Jahr ging der renommierte Wakkerpreis nach Meyrin bei Genf. Pünktlich zum 50-Jahr-Jubiläum der Auszeichnung setzte der Schweizer Heimatschutz damit ein politisches Ausrufezeichen – vielleicht das grösste seit der Würdigung der beispiellosen Veränderung von Monte Carasso 1993: Ausdrücklich wurde die gleichermassen menschen- und umweltfreundliche Entwicklung der Westschweizer Agglomerationsgemeinde gewürdigt, in der dank Beteiligungsprozessen die Lebensqualität für die ausgeprägt multikulturelle Bevölkerung enorm gesteigert werden konnte. Selten nur hatte der Heimatschutz mit seinem Preis bis anhin so deutlich Position zur Planung, aber eben auch zu sozialen, politischen und ökologischen Themen bezogen.
Verliehen wird der Wakkerpreis seit 1972. Er ist mit CHF 20000 dotiert und geht jedes Jahr an Gemeinden, die sich um die Baukultur verdient gemacht haben. Ausgezeichnet werden gelungene Siedlungsentwicklungen. Dazu gehören qualitätsvolle Neubauten, ein respektvoller Umgang mit der bestehenden Bausubstanz sowie eine Ortsplanung, die Rücksicht auf die Umwelt nimmt. Das heurige Jubiläum nimmt der Heimatschutz zum Anlass, mit mehr als 60 Veranstaltungen einen Blick zurück zu wagen – und zugleich nach vorn. Das Programm kommt einer Entdeckungsreise durch die ganze Schweiz gleich, die zur Diskussion über das Erhalten, Bauen und Planen einlädt.
Der Stadthof Sursee von Luigi Snozzi; die Stadt erhielt den Wakkerpreis im Jahr 2003. (Foto © Schweizer Heimatschutz)
In einem Forschungsprojekt untersucht die Hochschule Luzern anlässlich des Jubiläums die Erfolgsfaktoren für Baukultur auf Gemeindeebene. Unterstützt werden die Forscher*innen vom Bundesamt für Kultur, und im Sommer sollen die Ergebnisse vorliegen. Auch die Architekturzeitschrift werk, bauen + wohnen schenkt dem Wakkerpreis im Jubiläumsjahr besondere Aufmerksamkeit. Die Beiträge, die der Frage nachgehen, wie eine hochstehende Baukultur auf Gemeindeebene erzielt werden kann, erscheinen Ende dieses Jahres in Buchform.
Der Preis trägt den Namen des Geschäftsmanns Henri-Louis Wakker (1875–1972). Der passionierte Bergsteiger und erfolgreiche Immobilienentwickler begeisterte sich für die Veränderung der Ortschaften und Kleinstädte der Schweiz. In den 1930er-Jahren konnte er im Kanton Genf Wohnsiedlungen realisieren, die Maurice Braillard (1879–1965) und Henry Vial für ihn entwarfen.
Obwohl der Siedlungsdruck enorm ist, bleibt der Ortskern von Prangins weiter intakt. Auch die Grünräume, die ihn umgeben, sind noch immer erlebbar. (Foto © Pierre Marmy, Schweizer Heimatschutz)
Über die letzten 50 Jahre hat die Verleihung des Preises immer wieder wichtige Anstösse gegeben und Debatten ausgelöst. 2021 ging die Auszeichnung zum Beispiel an Prangins. Die Gemeinde behauptet sich erfolgreich inmitten der Grossagglomeration Lausanne-Genf. Sie hat ihr wertvolles Ortsbild sorgfältig gepflegt und stetig weiterentwickelt. Die Aktivierung der Freiräume ist hervorragend gelungen, der Dorfkern ist lebendig. Die Verantwortlichen haben seit vielen Jahren eine klare Haltung und eine eigene Strategie, die sie konsequent verfolgen.
Man darf gespannt sein, welche Städte und Gemeinden künftighin ausgezeichnet werden. Kandidaten gäbe es wohl im ganzen Land viele. Und vielleicht geht der Preis auch wieder einmal ins Tessin, dessen Orte trotz ihrer hochstehenden Baukultur bisher kaum Berücksichtigung fanden. Zum Beispiel hätte die Bewahrung des Kulturerbes in Bellinzona durch Aurelio Galfetti mehr Wertschätzung verdient.
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