Christo (1935–2020)
John Hill, Katinka Corts
2. juin 2020
Christo auf dem Wassersteg «The Floating Piers» im Juni 2016 (Foto: Wolfgang Volz)
Mit seiner Frau Jeanne-Claude verwirklichte der Ausnahmekünstler Christo grossartige Kunstwerke auf der ganzen Welt. Auch wenn ihre Arbeiten stets temporär waren, wirken sie nachhaltig fort. Am 31. Mai 2020 starb Christo in New York. Er wurde 84 Jahre alt.
«Niemand kann diese Projekte kaufen, niemand sie besitzen, niemand kommerzialisieren, niemand kann Eintritt für ihre Besichtigung verlangen – nicht einmal uns gehören diese Werke. Unser Werk handelt von Freiheit, und Freiheit ist der Feind allen Besitzanspruchs, und Besitz ist gleichbedeutend mit Dauer. Darum kann das Werk nicht dauern.»
Die Nachricht von Christos Tod wurde in einem Tweet verbreitet. Der 1935 im bulgarischen Gabrowo als Christo Wladimirow Jawaschew geborene Künstler lebte seit 1957 zunächst in Österreich, später in der Schweiz, in Frankreich und schliesslich bis zu seinem Tod in New York. Christo und seine Frau Jeanne-Claude, die bereits 2009 verstarb, bildeten ein echtes Dream-Team der Kunstszene und realisierten über die Jahrzehnte zahlreiche Projekte. Zu den in Mitteleuropa wohl bekanntesten gehört die Verhüllung des Reichstags in Berlin: Vor 25 Jahren, im Juni 1995, wurde der Monumentalbau zur Landmarke in Berlin. Umhüllt von 109'400 Quadratmetern aluminiumbedampftem Polypropylengewebe, verwandelte sich das Reichstagsgebäude für zwei Wochen in ein Kunstwerk. Obwohl alle Arbeiten von Christo und Jeanne-Claude temporärer Natur waren (ihre «The Floating Piers» waren im Sommer 2016 beispielsweise zwei Wochen lang für die Öffentlichkeit zugänglich), dauerte es beim Reichstag von der Konzeption bis zur Umsetzung volle 23 Jahre: Einerseits mussten zahlreiche Genehmigungen eingeholt werden, andererseits wollte Christo seine Installationen stets selbst finanzieren, lehnte staatliche Fördermittel und Gelder von Sponsoren ab. Stattdessen verkaufte er zum Beispiel Planungsskizzen, um die neuen Projekte zu finanzieren. Christo und Jeanne-Claude sahen die Realisierungsprozesse ihrer Installationen als einen integralen Bestandteil ihrer Kunst an – so wichtig wie die fertigen Arbeiten selbst.
Die vor zwei Jahren aufgebaute Installation «The London Mastaba», eine schwimmende Skulptur aus 7'500 Ölfässern, war ein massstabsgetreues Modell für die in Abu Dhabi geplante «Mastaba». Für das New Yorker Projekt «The Gates» stellten Christo und Jeanne-Claude im Februar 2005 tausende mit Safranstoff behängte Stahltore auf den Wegen des New Yorker Central Parks auf.
Ob verhüllend, leitend oder abgrenzend – viele der Projekte von Christo und Jeanne-Claude eint die immense Grösse, die Verwendung von Stoff sowie, und das war dem Duo besonders wichtig, die öffentliche Zugänglichkeit. Als letztes soll das bereits 1962 konzipierte Projekt «L'Arc de Triomphe, Wrapped» nächstes Jahr endlich in Paris realisiert werden – geplant ist die Eröffnung für September.