Daheim statt im Heim
Bob Gysin Partner haben in Stans ein Wohnhaus für Menschen mit kognitiven, psychischen oder physischen Beeinträchtigungen realisiert. Marco Barberini freut sich darüber, dass sich die Bewohnenden in dem Holzbau wirklich zu Hause fühlen.
Herr Barberini, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Das Gebäude verkörpert den Spruch «Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile». Es war von entscheidender Bedeutung, ein Wohnhaus zu schaffen, das sich nicht wie eine Pflegeinstitution anfühlt, sondern ein echtes Zuhause für Menschen jeden Alters mit kognitiven, psychischen oder physischen Beeinträchtigungen ist. Hierfür wurde auf städtebaulicher Ebene auf eine gute Anbindung an die Bestandsbauten ringsherum und eine selbstbewusste Integration in die umliegende Landschaft geachtet. Gleichzeitig wurden stimmungsvolle Wohngruppen geschaffen, die langfristig flexibel gestaltbar sind. Ausserdem kamen Materialien zum Einsatz, die durch ihre Verarbeitung die Handwerkstradition in den Fokus rücken.
Der Ort wird durch bauliche Zeugen aus unterschiedlichen Epochen, deren weilerartige Anordnung sowie durch die weiten Felder und das Bergpanorama geprägt. Der Entwurf reagiert mit seiner facettierten Erscheinung auf die Umgebung und bildet durch die Anordnung der vier Volumen räumliche Schwerpunkte im Aussen- und Innenraum aus. Aussen entstehen ein Hauptplatz und diskrete Seiteneingänge, während im Inneren Rundläufe und gemeinschaftliche Räume klassische Korridorflächen ersetzen. Die Holzfassade und der mineralische Sockel knüpfen an die regionale Bautradition an.
Von Anfang an war es das Ziel der Bauherrin – der Gemeinde Stans –, einen wertigen Holzbau zu erstellen. Dank dieser Haltung und der konstruktiven Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde, dem Betrieb und dem Planerteam konnte ein Bau realisiert werden, der die Prämissen der Wertigkeit und der Wohnlichkeit sowie die Bedürfnisse der unterschiedlichen Nutzer in hohem Masse erfüllt.
Das Haus reiht sich insofern in unsere Baubiografie ein, als dass wir bei jedem unserer Projekte in Sachen Nachhaltigkeit einen Schritt weiter gehen möchten. In diesem Fall stehen einerseits die Auseinandersetzung mit nachwachsenden Materialien und die Schaffung von stringenten Konzepten und Strukturen im Zentrum. Andererseits können Pflegeinstitutionen oft ohne einen horizontalen Fluchtweg im klassischen Sinne realisiert werden. Deshalb können wir nunmehr grosszügige Erschliessungs- und Begegnungsräume schaffen; ein Konzept, das wir laufend weiterentwickeln.
Der Holzbau hat in den letzten Jahren wieder an Bedeutung gewonnen. Seine Akzeptanz in der Bevölkerung und bei den Investierenden ist gewachsen. Von dieser erfreulichen Entwicklung hat das Projekt sicher profitiert. Konstruktive Holzbauten auch mit einer Holzfassade zu planen, ist jedoch nicht für jede städtebauliche Situation die richtige Lösung. Hier allerdings, wo der bauliche Kontext von einer reichen lokalen Holzbautradition geprägt ist, macht es Sinn.
Eindeutig das Material Holz. Der Holzbau verlangt beim Entwurf nach einer gewissen Struktur, nach Einfachheit und Klarheit. Themen also, die auch helfen, gute Räume zu entwickeln. Aufgrund der sichtbaren Holzkonstruktion war auch eine frühzeitige Detailplanung mit hoher konzeptueller Stringenz in den Bereichen Konstruktion, Arbeitsabläufe, Brandschutz, Leitungs- und Sprinklerführung notwendig.
Wohnhaus Mettenweg
Standort
Weidstrasse 2b, 6370 Stans
Nutzung
Betreutes Wohnen mit Pflege
Auftragsart
Projektwettbewerb mit Präqualifikation
Bauherrschaft
Gemeinde Stans
Architektur
Bob Gysin Partner, Zürich
Marco Barberini, Marco Giuliani, Christian Zehnder und Lorenzo Meschini
Fachplaner
Baumanagement und -leitung: Schärli Architekten AG, Luzern
Bauingenieur: Wälli AG Ingenieure, Horw
Holzbauingenieur: Holzprojekt AG, Luzern
Bauphysik: Pirmin Jung Schweiz AG, Sursee
HLK-Ingenieure: W&P Engineering AG, Stansstad
Sanitärplanung: tib Technik im Bau AG, Luzern
Elektroplanung: Stromplan AG, Stans
Sprinklerplanung: Minimax AG, Dübendorf
Landschaftsarchitektur: Uniola AG, Zürich
Fertigstellung
2023
Gesamtkosten BKP 1–9
ca. CHF 23.2 Mio.
Gebäudekosten BKP 2
ca. CHF 14.5 Mio.
Gebäudevolumen
17'100 m3 (gemäss SIA 416)
Kubikmeterpreis
ca. 850 CHF/m3
Energiestandard
Minergie
Kunst am Bau
Lea Achermann, Luzern: «Gold»
Auszeichnung
Best Architects 24
Fotos
Roger Frei, Zürich