Architekturexport
Andreas Bittis
29. mayo 2014
Exportschlager Polis – griechisches Netzwerk rund ums Mittelmeer: Milet, Türkei (Quelle: Wikipedia Commons); Piräus, Griechenland (Quelle: Wikipedia Commons); Dura Europos, Syrien (Quelle: google maps); Sagunt, Spanien (Quelle: Wikipedia Commons); Alexandria, Ägypten (Quelle: Wikipedia Commons)
Eine Idee entlang der Reise- und Wirtschaftsrouten unseres immerwährenden, nomadischen Daseins weiterzutragen, ist weltumspannend, kulturübergreifend und zeitlos. In der Architektur war und ist das nie ein einfaches «copy-paste» inhaltloser Formen gewesen. Im Gegenteil, es gab und gibt immer handfeste, «funktionale» Gründe für das Übernehmen und Abändern des in einem anderen Zusammenhang schon Bekannten. Ein Exkurs von Andreas Bittis zur Begriffsbestimmung von «Architekturexport» – und was man daraus machen könnte.
Vom Exportschlager der griechischen Stadt berichtet schon Aristoteles und gibt explizit deren (auch gesellschaftlichen) Bauplan an. So finden sich bis heute rund ums Mittelmeer Stadtgrundrisse wieder, die auf sein Ideal, Hippodamos Milet, verweisen. Die Römer haben dieses ingeniöse Planen bautypologisch wie flächendeckend bis in den letzten Winkel Westeuropas, Nordafrikas und Vorderasiens getragen – immer an die lokalen Notwendigkeiten und Gegebenheiten angepasst, aber auch immer an der grossen, zentralistischen Idee «Rom» festhaltend.
Ähnlich ideell kann der Export der gotischen Kathedrale von Frankreich in die Welt betrachtet werden – nur, dass hier das den Raum erleuchtende Licht mit einem über den Dingen stehenden Gott gleichgesetzt wurde. Der Sonnenkönig Ludwig XIV. bezog das folgerichtig wieder auf sich – mit allen ideellen und gestalterischen Konsequenzen, die selbst im entlegensten Winkel Frankreichs von der Gottgleichen Grösse des Potentaten erzählten. Noch einen Schritt weiter geht dann das säkularisierte Neue Bauen mit «Licht und Luft für Alle». Angelehnt an die Industrialisierung der Arbeits- und daraus resultierender Produktwelt sollte auch das traute Heim den ideellen wie auch handfesten Errungenschaften der Neuen Zeit nicht nachstehen.
Prämissen
Eine Idee entlang der Reise- und Wirtschaftsrouten unseres immerwährenden, nomadischen Daseins weiterzutragen, ist weltumspannend, kulturübergreifend und zeitlos. In der Architektur war und ist das nie ein einfaches «copy-paste» inhaltloser Formen gewesen. Im Gegenteil, es gab und gibt immer handfeste, «funktionale» Gründe für das Übernehmen und Abändern des in einem anderen Zusammenhang schon Bekannten. Auch Le Corbusier übernimmt nach seiner Reise nach dem Orient Elemente der hier vorgefundenen Architektur und überträgt sie in seine Architektur und Theorie: die Stützen/Pilotis, den Dachgarten, die freie Grundrissgestaltung/Aufteilung in ebenerdige Wirtschafts- und darüber liegenden Lebensräumen, das horizontale Schiebefenster/Langfenster und die freie Fassadengestaltung. Da sage noch einer, dass Reisen nicht bilde!
Ottomanische Architektur, Teteven, Bulgarien (Quelle: Wikipedia Commons); Le Corbusier, Weissenhofsiedlung, Stuttgart 1927 (Quelle: Wikipedia Commons)
(Architektur-)Export setzt offensichtlich mindestens dreierlei voraus: zum einen das Reisen oder das Kennenlernen anderer Länder und Kulturen, also das Öffnen des eigenen Horizonts. Zugegebenermassen fand und findet so etwas nicht immer mit friedlichen Mitteln statt. Das ändert jedoch nichts an der grundsätzlichen Aussage. Zum zweiten das eigene Positionieren à la: «Wer bin ich?», «Was kann ich?», «Was habe ich zu verkaufen?» Auch das läuft weit weniger romantisch ab, als es hier klingen mag. Nicht nur Missionare und Diktatoren vergangener Jahrhunderte waren davon beseelt «die Welt am deutschen (oder auch an anderen nationalen) Wesen genesen» zu lassen. Und letztlich, das Vergleichen; die Neugier auf das Fremde oder auch das uns Ähnliche und die abwägenden Rückschlüsse auf das, was man importieren bzw. exportieren möchte. Kurz: das Export-/Importgeschäft funktioniert nur dort erfolgreich, wo man in beiden Welten zu Hause ist – gleichzeitig aber auch immer in der Wahrnehmung der Anderen ein Exot bleibt, der neue Ideen, Produkte oder Prozesse «von unterwegs» mitbringt, von denen am Ende beide Seiten profitieren können. Man kann das alles bei Marco Polo, Alexander von Humboldt, Claude Levi-Strauss und anderen Reisenden nachlesen.
Die hier skizzierten Aspekte für einen erfolgreichen Architekturexport sind im wahrsten Wortsinn stilistisch interessante Fragen. In einem finanzgetriebenen Weltwerteklima des «anything goes» scheint das Entwickeln eines Stils vergangener Jahrhunderte zu fehlen.
Mit Beharrlichkeit und Ausdauer zum Erfolg
«Hie wie drüben» wird es – wie schon erwähnt – nicht ohne eine permanente Präsenz, das Netzwerken vor Ort und den dazugehörigen langen Atem gehen. Staatliche Unterstützung für den Architekturexport ist hingegen rar, das Exportförderprogramm ingenious switzerland zum Beispiel, ein im Rahmen des Konjunkturförderprogrammes des Bundes 2010–2013 eigens zur Exportförderung von Schweizer Architektur, Engineering und Design geschaffener Verein, wurde mit dem Auslaufen des Programmes per Ende 2013 aufgelöst. Der SIA , bei der Gründung 2010 mitbeteiligt, hat die Ideen hinter ingenious switzerland mit der Dienstleistungseinheit SIA-International zu Beginn des Jahres aufgenommen. Damit will der Verein nach eigenen Angaben sich noch stärker mit dem Planungs- und Baugeschehen im Ausland vernetzen und sich insbesondere für die exportspezifischen Bedürfnisse seiner Mitglieder einsetzen.
Schweizer Architekturexporte von Le Corbusier bis Zumthor. (Gerichtsgebäude in Chandigarh von Le Corbusier, Tate Modern von HdeM, Ruta Peregrino von HHF, Keystone Gebäude von Em2N, Bechteler Museum of Modern Art von Mario Botta und das Steilneset Memorial von Peter Zumthor)
Erfolgreich durch die Ausbildung
Kernstück ist hierbei die immer noch breitgefächerte Ausbildung an unseren Hochschulen – wenn auch mit der Einführung des Bachelors in einer wieder sehr verschulten Art und Weise. Die hier formulierten und ausgetesteten Ansprüche und Erwartungen der jungen Leute an Innovation und Zukunft sind prägend. Das Pragmatische und Machbare kommt nachher im Büroalltag von ganz allein. - See more at: http://v1.world-architects.com/en/pages/page_item/22_14_Architekturexport/1#sthash.pC0nVXFJ.dpuf
Kernstück ist hierbei die immer noch breitgefächerte Ausbildung an unseren Hochschulen – wenn auch mit der Einführung des Bachelors in einer wieder sehr verschulten Art und Weise. Die hier formulierten und ausgetesteten Ansprüche und Erwartungen der jungen Leute an Innovation und Zukunft sind prägend. Das Pragmatische und Machbare kommt nachher im Büroalltag von ganz allein. - See more at: http://v1.world-architects.com/en/pages/page_item/22_14_Architekturexport/1#sthash.pC0nVXFJ.dpuf
Kernstück ist hierbei die immer noch breitgefächerte Ausbildung an unseren Hochschulen – wenn auch mit der Einführung des Bachelors in einer wieder sehr verschulten Art und Weise. Die hier formulierten und ausgetesteten Ansprüche und Erwartungen der jungen Leute an Innovation und Zukunft sind prägend. Das Pragmatische und Machbare kommt nachher im Büroalltag von ganz allein. - See more at: http://v1.world-architects.com/en/pages/page_item/22_14_Architekturexport/1#sthash.pC0nVXFJ.dpuf
Kernstück für Erfolg daheim und im Ausland ist immer noch die breitgefächerte Ausbildung an den Hochschulen – wenn auch mit der Einführung des Bachelors in einer wieder sehr verschulten Art und Weise. Die hier formulierten und ausgetesteten Ansprüche und Erwartungen der jungen Leute an Innovation und Zukunft sind prägend. Das Pragmatische und Machbare kommt nachher im Büroalltag von ganz allein. Neben der hoffentlich umfassenden, universitären Ausbildung ist das duale Ausbildungssystem im Handwerk hervorzuheben. Die Fähigkeit, die vielleicht auch kruden Ideen mancher Planer tatsächlich auch umsetzen zu können und zu wollen, ist nicht nur eine Sache des Maschinenparks, der zur Verfügung steht. Die Strecke «vom Kopf in die Hand und wieder zurück» ist manchmal weiter als gedacht und endet häufig genug in den abenteuerlichsten Konstruktionen und überteuertem Murks. Hier kommt dem Normenwerk des SIA eine zentrale Bedeutung zu. Es ist eine der Grundlagen, über die sich Planer und Ausführende miteinander verständigen können.
Und schliesslich sucht auch das Warenangebot, das die Industrie in Deutschland und der Schweiz Planern und Verarbeitern zur Verfügung stellt, seinesgleichen. Das ist der klassische Exportteil. Die Industrie hat mittlerweile den Architekten wieder als Speerspitze des Projektgeschäftes entdeckt – aus Marketinggründen, da sich realisierte Projekte einfach besser präsentieren und publizieren lassen, aber auch weil zufriedene Kunden (Bauherren, Projektenwickler, Planer, Ausführende, Verarbeiter etc) immer wieder kommen, und der Planer und sein Entwurf nun mal das Bindeglied zwischen allen ist. Die Möglichkeiten, die sich daraus für einen Architekturexport ergeben, sind vielfältig: zum einen kann eine materialtechnische Beratung von Seiten der Industrie hier in Deutschland und der Schweiz auf Deutsch und im jeweiligen Ausland in der jeweiligen Landessprache stattfinden. Das erhöht die Planungssicherheit. Zudem kann die Verfügbarkeit vor Ort abgeklärt werden oder – wenn es eben nicht anders geht – auch der Materialex– beziehungsweise –import.
Das ist das Modell aus Planung – Ausführung – Produktion. Und das ist in der Tat weltweit einzigartig. DAS gilt es zu exportieren! Es muss selbstverständlich werden, dass Planen und Bauen zwei Seiten der gleichen Medaille sind. Daraus kann sich dann auch grosse Architektur, auch für den Export, entwickeln.