Viererpack fürs Koch-Areal
Elias Baumgarten
30. mayo 2019
So soll das Gewerbehaus «Blauregen» vom Quartierpark betrachtet einmal aussehen. (Visualisierung © ARGE Käferstein & Meister AG und Murat Ekinci Architekten)
Auf dem besetzten Zürcher Koch-Areal sollen bis 2024 350 preisgünstige Wohnungen sowie Gewerbeflächen und ein Quartierpark entstehen. Für jedes der vier Baufelder wurde ein Wettbewerb ausgelobt. Seit Mitte Mai stehen die Sieger fest.
Baufeld A (Senn Resources AG) Käferstein & Meister AG mit Murat Ekinci Architekten
Baufeld B (Allgemeine Baugenossenschaft Zürich) Enzmann Fischer Partner AG
Baufeld C (Bau- und Wohngenossenschaft Kraftwerk 1) Studio Trachsler Hoffmann
Baufeld Quartierpark (Grüne Stadt Zürich) Krebs und Herde Landschaftsarchitekten
Aufteilung des Wettbewerbsperimeters (Plan © Stadt Zürich)
Derzeit ist das 29'521 m2 grosse Koch-Areal, das an der Quartiergrenze von Altstetten und Albisrieden liegt und von Flur-, Flüela- und Rautistrasse begrenzt wird, besetzt. Die Besetzer*innen taten sich zuletzt vor allem durch ausufernde Partys hervor, von denen sich viele Anwohner*innen belästigt fühlten. Auch Müllberge, Hanfpflanzen und ohne Genehmigung erstellte Anbauten machten Schlagzeilen. Besonders eine Art Baumhütte auf dem Dach eines Hauses erhitzte bisweilen die Gemüter. Doch die Zürcher Baudirektion liess Milde walten und die Besetzer*innen gewähren, weil ohnehin bald die Bagger anrollen werden. Denn die Stadt, welche das Gelände schon 2013 von der UBS AG gekauft hat, möchte das Chaos beseitigen und ein qualitätsvolles, durchmischtes und vielfältig genutztes Quartier schaffen.
Gemeinsam mit den wohnbaugenossenschaften zürich (wbg) und Wüest Partner wurde eine entsprechende Ausschreibung entwickelt. Den Zuschlag erhielten die Allgemeine Baugenossenschaft Zürich (ABZ), die Bau- und Wohngenossenschaft Kraftwerk 1 (KW1), die Senn Resources AG (SENN) sowie die Grüne Stadt Zürich (GSZ). Sie dürfen vier Grundstücke mit drei Häusern bebauen und einen Quartierpark anlegen. Im Juni 2018 gab das Zürcher Stimmvolk dafür grünes Licht: Mit deutlicher Mehrheit nahm es die städtische Vorlage «Gemeinnütziger Wohnungsbau auf dem Koch-Areal» an.
Situationsmodell mit allen vier Projekten (Foto © Stadt Zürich)
Daraufhin wurden Architekturwettbewerbe für die vier Teilperimeter lanciert. Alle Altbauten können eingerissen und ersetzt werden. Einzig die Kohlelagerhalle an der Rautistrasse 24 muss stehen bleiben, denn sie ist im kommunalen Inventar schützenswerter Bauten gelistet. An den Konkurrenzverfahren um die Gestaltung der Bauten wollten sich 108 Büros beteiligen, den Park hätten 49 gerne entworfen. 44 Teilnehmende wurden schlussendlich eingeladen und gaben Entwürfe ab.
Beim Haupteingang des Gewerbehauses «Blauregen» soll ein begrünter Vorplatz entstehen. (Visualisierung © ARGE Käferstein & Meister AG und Murat Ekinci Architekten)
So soll es im Inneren von «Blauregen» einmal aussehen. (Visualisierung © ARGE Käferstein & Meister AG und Murat Ekinci Architekten)
Baufeld ADer erste Teilperimeter misst 4'750 m2. Hier wird SENN ein Gewerbehaus verwirklichen. Den Wettbewerb um dessen Gestaltung hat eine Arbeitsgemeinschaft aus den Büros Käferstein & Meister und Murat Ekinci Architekten mit dem Projekt «Blauregen» gewonnen. Der Vorschlag soll eine flexible, vertikale Fabrik sein. Besonders gepunktet hat das Projekt laut Jurybericht mit seiner kontextuellen Einbindung. Zur Flüelastrasse soll es einen Versatz im Baukörper geben und ein turmartiges Volumen vorspringen. Zugleich wird vor dem Haupteingang ein kleiner Vorplatz geschaffen, der begrünt werden soll. Dieser würde in einen Dialog treten mit dem Quartierplatz der benachbarten Wohnüberbauung «James». Zum neuen Park im Süden hin schlagen die Architekten eine grosse, mit Blauregen begrünte Loggia vor. Diese würde Arbeiter*innen einen attraktiven Erholungsraum mit schönem Ausblick in den Grünraum bieten. Im Erdgeschoss sollen sich auf dieser Gebäudeseite im Laubengang Schaufenster zu den Gewerberäumen befinden. Jene könnten von dort aus betreten werden.
Auf dem zweiten Grundstück, das mit 4'700 m2 nur unwesentlich kleiner ist, wird die ABZ ein Wohnhochhaus errichten. Hier gingen Enzmann Fischer Partner siegreich aus dem Konkurrenzverfahren hervor. Ihr Projekt heisst «Moeraki». Das Haus soll dereinst 70 m hoch aufragen. Spannend ist der Versuch, Gemeinschaftsräume in der Vertikalen zu organisieren. Auf drei Hauptebenen sind Treffpunkte mit verschiedenen Graduierungen an Öffentlichkeit vorgesehen: An der Schnittstelle zum Stadtraum ist eine grosse Eingangshalle geplant. Weiter oben soll sich eine einladende Sockelterrasse mit Gartenhallen für die Bewohner*innen befinden. Und in den Wohnetagen sind Begegnungszonen für je drei Geschosse vorgesehen.
Kritisiert wird im Bericht des Preisgerichts allerdings die «mässig gute Effizienz». Demnach werden die gemeinschaftsbildenden Zusatzräume nicht nur als Pluspunkt, sondern auch als Kostentreiber angesehen.
Bemerkenswerte Räumlichkeiten liegen hinter einer unaufgeregten Fassade. (Visualisierung © Enzmann Fischer Partner AG)
Im Inneren des Hauses «Moeraki» (Visualisierung © Enzmann Fischer Partner AG)
Grundriss Erdgeschoss (Plan © Enzmann Fischer Partner AG)
Baufeld CDas dritte Grundstück bebaut KW1. Es misst 6'850 m2. Dort soll nach den Plänen von Studio Trachsler Hoffmann das Wohn- und Gewerbehaus «Sale con fritas» entstehen. Es handelt sich dabei um eine Tischkonstruktion mit offen durchgängigem Erdgeschoss. Strassenseite und Park werden so direkt miteinander verbunden. Im ersten Obergeschoss soll sich eine gemeinschaftliche Plattform befinden, die einem Balkon gleich über die Flüelastrasse ragt. Kultur und Gastronomie sollen um ein Foyer angeordnet werden, die Gewerberäume zur Strasse orientiert. Die Wohngeschosse wirken mit einer klaren, seriellen Grundstruktur pragmatisch und zweckorientiert. Ein weiteres Highlight wird unterdessen mit der Dachlandschaft gesetzt, die sich aus der vergleichsweise strengen Hofstruktur der Wohngeschosse entwickelt.
Gebaut werden soll all das in einer Holz-Beton-Verbundkonstruktion. Hier müssen allerdings noch Hausaufgaben erledigt werden, denn bisher können die wirtschaftlichen Ziele der Bauherrschaft nicht erreicht werden. Weiter ist laut Jurybericht auch beim Lärmschutz nachzuarbeiten, soll die Genehmigung nicht gefährdet werden.
Das Haus «Sale con fritas» (Visualisierung © Studio Trachsler Hoffmann)
Grundriss Erdgeschoss (Plan © Studio Trachsler Hoffmann)
Grundriss 1. Obergeschoss (Plan © Studio Trachsler Hoffmann)
Baufeld QuartierparkFür die Parkanlage (13'200 m2) schliesslich ist die GSZ verantwortlich. Auf deren Grundstück steht die historische Kohlelagerhalle, die zu erhalten ist. Am Wettbewerb konnten sich Krebs und Herde Landschaftsarchitekten mit ihrem Projekt «Wild at Heart» durchsetzen. Die weitläufige Kochwiese kann dabei vielfältig bespielt werden. Die Lagerhalle soll als gedeckter Freiraum fungieren.
Nun wird an den Entwürfen weiter geschraubt. Die Vorprojektphase soll im kommenden Jahr abgeschlossen sein. Anschliessend werden die Baurechtsverträge mit den Bauträgerinnen dem Gemeinderat zur Genehmigung vorgelegt. Gleichzeitig wird der private Gestaltungsplan dem Gremium überwiesen. Bis 2024 könnte die neue Anlage, so alles nach Plan verläuft, dann stehen.
Blick aus der Kohlelagerhalle in den Park (Visualisierung © Tom Schmid Visualisierungen)
Die Kochwiese soll verschiedensten Nutzungen offen stehen. (Visualisierung © Tom Schmid Visualisierungen)
In einer kleinen Open-Air-Ausstellung werden Gewinnerprojekten noch bis Freitag, den 14. Juni 2019, auf dem Parkfeld vis-à-vis der Flurstrasse 85 gezeigt. Die Schau ist rund um die Uhr geöffnet.