Lernen in der Seifenfabrik
Mireya Heredero Architekten
25. julio 2024
Um die hellen Schulräume zu erreichen, muss man zunächst einen dunklen, tunnelartigen Gang passieren. (Foto: Fotografie Laura Egger)
Mit ihrem Team hat Mireya Heredero die ehemaligen Fernsehstudios von TeleZüri auf dem Zürcher Steinfels-Areal zu Schulräumen für die Sport Academy Zurich umgebaut. Die Architektin erklärt, wie sie mit rohen Materialien auf den Industriebau aus den 1950er-Jahren reagiert hat.
Frau Heredero, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Der Einbau der Schulräume im Zuge der Vergrösserung der Sport Academy Zurich (SAZ) erfolgte als Mieterausbau in den ehemaligen Fernsehstudios von TeleZüri, welche sich bis 2022 in der alten Seifenfabrik auf dem Steinfels-Areal befanden. Es galt einerseits, einen adäquaten und unkomplizierten architektonischen Umgang mit der industriellen Bausubstanz aus den 1950er-Jahren sowie der freigelegten Infrastruktur des Vormieters zu finden. Andererseits sollte für die arrivierte, aber innovative Sportschule eine bauliche Identität kreiert werden. Dabei war uns insbesondere wichtig, die industrielle Seele der Räumlichkeiten beizubehalten und mit unserer Intervention gleichzeitig einen neuen und bewegten Ort zu schaffen.
Blick in den Aufenthaltsraum für die Schülerinnen und Schüler (Foto: Fotografie Laura Egger)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?
Sowohl der raue industrielle Charakter der bestehenden Räumlichkeiten als auch der von der Bauherrschaft vorgegebene Kosten- und Zeitrahmen führten uns rasch zur Konstruktions- und Materialfindung. Durch die Verwendung von einfachen und rohen Baumaterialien konnte der Ausbau beförderlich realisiert werden. Wir haben zum Beispiel robuste Grobspannplatten für die Wandbekleidungen verwendet, Fichtenholz kam für die Konstruktion der Trennwände, Türen und Rahmen zum Einsatz. Für eine gute Akustik wurden naturbelassene Holzwolleplatten verbaut, und für den Fussboden wählten wir Linoleum. Die konstruktive Fügung der verschiedenen Materialien interessierte uns und animierte uns schliesslich auch zu neuen Kreationen.
Die runden Akustikpaneele lenken vom «Leitungswirrwarr» der Haustechnik des Bestandsbaus ab. (Foto: Fotografie Laura Egger)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Wir wollten die industrielle Eleganz der ehemaligen Seifenfabrik aus den späten 50er-Jahren in der Verwendung und in der konstruktiven Ausformulierung der erwähnten Materialien weiterführen. Beispielhaft dafür steht das Design der runden, von der Decke abgehängten Akustikpaneele im Aufenthalts- und Mehrzweckraum: Die Formgebung und die Einfassung der Heraklith-Platten in gekrümmte Holzrahmen verwandeln die rohen Baumaterialien in elegante Akustikelemente; diese Elemente lenken überdies effizient vom bestehenden «Leitungswirrwarr» ab.
Blick vom Aufenthaltsbereich zum Mehrzweckraum (Foto: Fotografie Laura Egger)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzenden den Entwurf beeinflusst?
Der Mieterausbau musste aus zeitlichen Gründen gleichzeitig mit der Instandsetzung des Grundausbaus stattfinden. Sowohl die unkomplizierte Handhabung und Kommunikation der Eigentümervertretung in diesem komplexen Konstrukt als auch die Offenheit und Begeisterungsfähigkeit der Bauherrschaft gegenüber unserem Entwurf trugen letztlich massgeblich dazu bei, dass im architektonischen Konzept eine klare Linie beibehalten werden konnte.
In den Schulkorridor fällt dank Oblichtern viel Tageslicht. (Foto: Fotografie Laura Egger)
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten Ihres Büros ein?
Effektiv führt der Einbau der Schulräume der SAZ die Liste der bestehenden Bauten unseres Büros sehr gut weiter – unsere ersten Aufträge vor mittlerweile mehr als 10 Jahren waren hauptsächlich Umbauten, danach kamen Aufstockungen und Anbauten, Ersatzneubauten und auch Infrastrukturprojekte hinzu. Der respektvolle Umgang mit dem Bestand, die Wiederverwendung von Vorgefundenem und die Neuinterpretation durch angemessene und funktionale Interventionen bilden einen roten Faden in unserem Werk – dies zeigt sich zum Beispiel auch bei der Umnutzung des Isteinerbads in Basel zum Bürogebäude oder der Gesamtrestaurierung mit Umbau eines denkmalgeschützten Wohnhauses in Auw.
Die Fügung der gewählten rohen Baumaterialien kommt in den neuen Schulzimmern besonders zur Geltung. (Foto: Fotografie Laura Egger)
Situation (© Mireya Heredero Architekten)
Grundriss (© Mireya Heredero Architekten)
Querschnitte (oben) und Längsschnitt (© Mireya Heredero Architekten)
Ausbau von Schulräumlichkeiten im Steinfels-Areal
Standort
Heinrichstrasse 267, 8005 Zürich
Nutzung
Schulräumlichkeiten
Auftragsart
Direktauftrag
Bauherrschaft
Sport Academy Zurich
Architektur
mireya heredero Architektin ETH SIA, Zürich
Kaspar Trümpler (Projektleitung)
Fertigstellung
2023
Gesamtkosten BKP 1–9
CHF 0.3 Mio.
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Zimmermann Kreativ Schreinerei AG, Muri
Fotos
Fotografie Laura Egger, Zürich