Alles Gute kommt von oben
Thomas Geuder
29. November 2012
Das Haus K bei Wien ist als Wochenend-Domizil mit einer Nutzfläche von 90 m² und Flachdach geplant. (Foto: VELUX Deutschland GmbH / Jens Weber)
Ein Raum, der nur nach oben durch ein Loch in der Decke geöffnet ist, kann gefühlt schnell zum Kerker werden. Doch was tun, wenn die einzige Möglichkeit für natürliches Licht die von oben ist? Dann sind Architekt wie Hersteller gefordert, das grosse Potenzial von Dachfenstern zu nutzen.
Otto Normalbewohner kennt Flachdächer eigentlich vor allem von Industriebauten, bei denen das indirekt einfallende Licht durch sogenannte Oberlichter, Lichtkuppeln oder Lichtbänder dem Raum darunter eine gute Grundbeleuchtung gibt. Wohnungsbauten besitzen zwar oftmals auch ein Flachdach, doch meist findet Otto diese weder schön noch praktikabel. Schliesslich seien Flachdächer eigentlich immer undicht und deswegen für den Wohnungsbau schlicht ungeeignet. Und überhaupt: Licht von oben sei allenfalls durch ein Dachfenster im schönen, traditionellen Satteldach vorstellbar, durch das man immer auch in die horizontale Ferne blicken kann. Das, so Otto, sei wichtig für die Psyche des Menschen, der in Gebäuden immer einen handfesten Bezug zur Aussenwelt haben muss.
Nicht immer aber ist in der Wand Platz für Fenster. In solchen Fällen hat man als Planer deswegen im Prinzip nur zwei Möglichkeiten: Entweder bleibt der Raum fensterlos oder – wenn ein Flachdach vorhanden ist – man öffnet den Raum nach oben. Neu ist diese Idee auch für den Wohnungsbau zwar nicht. Lichtkuppeln im Wohnungsbau aber waren bisher meist recht einfache, nicht öffenbare und milchig trübe Acrylglaskuppeln, die (aus Angst vor zu viel) das Licht eher als Beiwerk in den Raum fallen liessen, als es würdig zu inszenieren. Ein doppelter Verlust letztendlich: In den Raum kam nur diffuses und unschönes Licht und die Wärmeverluste an einer solchen einwandigen Kuppel waren gross.
Natürliches Licht am Morgen: Im kleineren der beiden Bäder sorgt ein Flachdach-Fenster für eine angenehme Lichtstimmung am Waschbecken. (Foto: VELUX Deutschland GmbH / Jens Weber)
Dabei kann so ein natürliches Licht von oben im Raum wirklich gut und sinnvoll sein, vorausgesetzt Hersteller bieten ein sinnvolles Produkt an und Architekten vermögen dieses dann gut einzusetzen. Velux – bekannt vor allem durch seine ausgefeilten Dachfenster-Systeme für steile Dächer – wagt sich seit einiger Zeit auch in die Domäne der flächen Dächer und hat ein Fenster entwickelt, das mit all den Vorurteilen aufräumt, die dem Flachdach-Fenster bisher anhafteten: Kern des Velux-Flachdach-Fensters ist eine Doppelglasscheibe, die die thermische Grenze zum Aussenraum bildet. Darüber befindet sich eine Plexiglasabdeckung, die den Regen und andere Witterungseinflüsse abhält. Dieser ganze Aufbau bringt am Ende einen U-Wert von 0,72 W/(m²K) nach EN 1873. Gut im Rahmen versteckt sind die Fenster mit einer elektrischen Öffnungsmechanik versehen, die per Funk nach dem io-homecontrol-Standard bedient werden kann. Auch das Nachrüsten mit einem (ebenfalls per Fernsteuerung bedienbaren) Raffstore zur Verdunkelung ist möglich.
Durch das Streiflicht der Flachdach-Fenster werden die Wände des Flurs akzentuiert und gegliedert. (Foto: VELUX Deutschland GmbH / Jens Weber)
Räume ohne vertikale Fenster – das ergab sich auch bei dem von Backraum Architekten geplanten Wochenendhaus für ein junges Paar aus Wien. Wunderschön an einem wenig bebauten Hang gelegen öffnet sich das Gebäude mit einer grosszügigen Terrasse Richtung Tal. Um die Privatheit der Bewohner aber zu wahren, wurde an der Strassenseite gänzlich auf Fenster verzichtet. So entstehen dort Räume, die wenig bis gar kein Licht durch vertikale Fenster erhalten können. Das natürliche Licht kommt dort deswegen von oben, durch Öffnungen im Flachdach. Aber nicht irgendwie: Drei der vier im Gebäude verbauten Dachfenster sind jeweils in der Raumkante angeordnet. Dadurch wirkt das Fenster nicht wie ein Loch in der Decke, sondern erhöht den Raum optisch. Umgekehrt kann das einfallende Licht als Streiflicht an der Wand seine volle Wirkung entfalten. Das vierte Dachfenster im Gebäude befindet sich direkt über dem Bett und ermöglicht so bei gutem Wetter einen nächtlichen Blick in den Sternenhimmel.
Bei der Planung legten Architekten wie Bauherren ausserdem Wert auf eine nachhaltige und ökologische Bauweise, und so wurden beim gesamten Gebäude heimische Hölzer verwendet, druckimprägnierte Fichte an der Fassade sowie lasiertes Massivholz im Inneren. Ein weiterer Vorteil durch die Velux-Flachdach-Fenster: Durch Öffnen der richtigen Fenster entsteht quer durch das Gebäude ein Kamineffekt, mit dem das Haus wirkungsvoll belüftet werden kann. Frische Luft wird dabei durch die geöffneten Fassadenfenster angesaugt und verbrauchte Luft durch die Flachdach-Fenster abgegeben. Und wenn es einmal unerwartet regnen sollte, schliessen sich die Velux-Flachdach-Fenster dank eines eingebauten Regensensors völlig selbständig. Einfach, aber effizient! Das sollte nun auch Otto verstanden haben, der sich – da sind wir uns ganz sicher – morgens am Spiegel auch über das freundliche Licht von oben und abends im Bett über den Blick in die Sterne freuen würde.
Sind die Fenster in Flur und Bad noch direkt in der Raumkante angeordnet, befindet sich das Schlafzimmer-Flachdach-Fenster über dem Bett, strategisch perfekt um die Sterne beobachten zu können. (Foto: VELUX Deutschland GmbH / Jens Weber)
Zur Strassen- und Hangseite verschliesst sich das Haus K, während es sich zur Talseite grosszügig mit einer Terrasse und raumhohen Fenstern öffnet. (Foto: VELUX Deutschland GmbH / Jens Weber)
Hinter dem Fenster in der Mitte befindet sich das Hauptbad, von dessen Badewanne aus man seinen Blick in die Weite schweifen lassen kann. (Foto: VELUX Deutschland GmbH / Jens Weber)
In dem Wochenendhaus sind Küche, Wohnzimmer und Esszimmer in einem grosszügigen, hellen Raum zusammengefasst. (Foto: VELUX Deutschland GmbH / Jens Weber)
Das Haus K wurde in Holzbauweise errichtet, sprich als Holztafelbau mit Wänden und Decken aus Kreuzlagenholz, aussen mit Holzweichfaser-Dämmplatten, wodurch es zum Niedrigstenergiehaus wird. (Foto: Backraum Architektur)
Auf dem so montierten Velux-Flachdach-Fenster wird später noch die Plexiglasabdeckung befestigt, die die horizontale Scheibe vor Regen und Wetter schützt. (Foto: Backraum Architektur)
Bestandteil des Fensters ist ein Regensensor, der es bei unerwartetem Regen automatisch schließt. (Produktbild: Velux)
Produktschnitt
Schnitt mit Lüftungskonzept
Grundriss
Hamburg, D
Projekt
Haus K
AT
Hersteller-Kompetenz
Flachdach-Fenster
Architektur
Backraum Architektur
Wien, AT
Bauherr
privat
Fertigstellung
2011
Fotonachweis
Jens Weber
Backraum Architektur
VELUX Deutschland GmbH
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