Naturschutz mit den Mitteln der Kunst

Manuel Pestalozzi
27. November 2024
Im Schaffhauser Kino Kiwi wurde der Film «Greina» über das Wirken des Architekten und Künstlers Bryan Cyril Thurston gezeigt. Die Dokumentation macht Mut, sich für den Naturschutz zu engagieren. (Foto: Manuel Pestalozzi)

Die Greina-Hochebene hat es Bryan Cyril Thurston angetan. Der 1933 geborene britische Architekt, der im Kanton Zürich lebt, malt den Bündner Landschaftsraum an der Grenze zum Tessin immer wieder, hält ihn auf grossen Tableaus und kleinen Aquarellen fest; Thurston ritzt die Greina mit der Kaltnadel in Kupferplatten und stellt sie in Collagen dar. Seiner innigen Beziehung zu der baumlosen Ebene, durch die der Somvixer Rhein mäandrierend, ist der Film «Greina» gewidmet. 

Doch die karge Greina-Landschaft ist für den inzwischen 91-Jährigen nicht nur Freiluftatelier, Lieblingssujet und Inspirationsraum zugleich, sie war auch ein politisches Feld: Im späteren 20. Jahrhundert stand ihre Unversehrtheit auf dem Spiel. Zwar war sie seit Menschengedenken nie vollkommene Wildnis – schon die Römer nutzten den Greinapass am westlichen Rand der Ebene und auch die Alpwirtschaft hat ihre Spuren hinterlassen. Doch mit dem Wirtschaftsboom drohte der wertvolle Landschaftsraum einem Wasserkraftwerk mit Stausee zum Opfer zu fallen. In den 1970er-Jahren begann Thurston im ganzen Land auf den drohenden Verlust aufmerksam zu machen; aus dem Architekten und Künstler wurde ein Aktivist, der sich leidenschaftlich für den Erhalt der Landschaft und gegen den Bau des Kraftwerks einsetzte. Sein Engagement war erfolgreich, die Greina ist heute geschützt. 

Der politische Kampf für den Landschaftsschutz mit den Mitteln der Kunst wird im Film über Fernsehbeiträge aus dem Archiv dargestellt. Einer dokumentiert die Stimmungslage der Menschen im Dorf Vrin in den 1980er-Jahren. Seinen Auftritt hat dabei auch ein junger Bewohner, der später als Architekt bekannt werden sollte: Gion A. Caminada. Für «Greina» stand er nun noch einmal vor der Kamera. Der dritte Architekt hinter dem Filmprojekt ist der Regisseur Patrick Thurston, Bryan Cyril Thurstons Sohn. Er betreibt ein eigenes Büro in Bern und ist im Film immer wieder zu sehen.

Regisseur und Architekt Patrick Thurston (in der Bildmitte mit Mikrofon) sprach nach der Filmvorführung in Schaffhausen über seine Beziehung zum Vater. Mit «Greina» tauchte er in dessen Arbeit ein und versuchte sie besser zu verstehen. Das Podiumsgespräch wurde moderiert von Christian Wäckerlin (links). Es beteiligten sich auch die Künstlerin Katharina Bürgin und Arzt Thomas Diem. (Foto: Manuel Pestalozzi)

Schnell wird beim Schauen des Films klar, dass ein Hauptmotiv die Suche nach einem besseren Verständnis des Vaters ist, dessen unermüdliche schöpferische Tätigkeit schon mal als «Manie» bezeichnet wird. Patrick Thurston sprach in Schaffhausen beim Filmpodium nach der Vorführung, das von Präsidenten des Schaffhauser Architektur Forums Christian Wäckerlin moderiert wurde, über die Beziehung zu seinem Vater. Früher kam ihm dessen Spruch, nur die Poesie könne die Greina retten, abstrus vor. Heute verstehe er, wie er am Schluss des Podiumsgesprächs sagte, das Erbe seines Vaters sei die Botschaft, dass die Schöpfung nie fertig ist und dass alle die Aufgabe haben, jeden Tag gewissenhaft an ihr zu arbeiten. Der Film «Greina» passt gut in die aktuelle Klimadiskussion. Er verbreitet Optimismus, dass sich der Kampf für den Naturschutz lohnt.

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