In Adelboden baden gehen

Manuel Pestalozzi
7. June 2019
Der Sprungturm steht in der Flucht des Bassins. (Foto: TALK AG)

Adelboden am Ende des Engstligentals gehört vielleicht nicht zu den angesagtesten Fremdenverkehrsorten des Berner Oberlands. Das Dorf wurde auch nie mit einer Eisenbahnlinie erschlossen. Dennoch ist der Tourismus seit dem späten 19. Jahrhundert ein wichtiges Standbein der lokalen Wirtschaft. Er bescherte Adelboden ein relativ moderates, doch stetiges Bevölkerungswachstum, erst zu Beginn dieses Jahrhunderts war ein ganz leichter Rückgang zu verzeichnen. Sport, Gesundheit und Hygiene begleiteten die Entwicklung der Reisedestination, die eine enge Beziehung zum Alpinismus hat. Gemäss einer Broschüre zum Schwimmbad waren es die ortsansässigen Hoteliers, die dessen Bau einst initiierten. Für die Planung engagierte man den Ingenieur Beda Hefti (1897-1981), der sich als Spezialist für Schwimmbäder einen Namen gemacht hatte. Gstaad, das Hotel Waldhaus Vulpera oder Engelberg hatten bereits ein Hefti-Bad.

In Adelboden setzte Hefti zum ersten Mal ein Bad ganz im Stil des Neuen Bauens um. Die farbenfrohe Anlage wurde 1931 errichtet. Sie befindet sich auf einer Terrasse etwas oberhalb des Ortskerns in steilem Gelände und bietet eine herrliche Aussicht in die umliegende Bergwelt. Das Bassin wird nach Norden, zum Hang, von einem langgezogenen Trakt mit allen Einrichtungen begleitet. Auffallend sind das durchdachte, stimmige Gesamtkonzept, die Liebe zum Detail und die konsequente Architektursprache: ein Zugang mit Baldachin, ein kreisrundes Kinderbassin und ein Musikpavillon. Auch die halbrunden Garderoben und die kreisrunden Duschen fügen sich in den mit sicherer Hand erstellten Formenkanon ein. In Adelboden sassen die sonnenhungrigen Badefeund*innen auf zeittypischen Stahlrohr-Armlehnstühlen an runden Stahltischen, die teilweise heute noch erhalten sind. 

 

Plan der Anlage aus dem «Bulletin technique de la Suisse romande», Band 59 von 1933 (Plan: e-periodica.ch)

Das 50-Meter-Becken im steilen alpinen Gelände mit seinem schlanken 5-Meter-Sprungturm gilt als eine Pionierleistung. Revolutionär war auch das Konzept, das 8 bis 10 Grad kalte Quellwasser auf dem Dach der Anlage von der Sonne erwärmen zu lassen und anschliessend durch Filtration zu reinigen. Der Erhalt des Bades war alles andere als einfach. Die TALK (Tourismus Adelboden-Lenk-Kandersteg) AG bezeichnet die Geschichte der Restaurierung als Berg- und Talfahrt. Zwei Abstimmungen waren seit 2011 notwendig, ehe sie Ende 2017 gesichert war und das Projekt von DUO Architectes paysagistes / Landschaftsarchitekten und der akkurat bauatelier GmbH umgesetzt werden konnte. Dazwischen stand das Juwel einige Male kurz vor dem Aus. Umso grösser ist jetzt die Freude über das glückliche Ende, das am 22. Juni dieses Jahres gebührend gefeiert wird.

Unter dem Musikpavillon fand bisweilen die körperliche Ertüchtigung auf dem Trockenen statt. (Foto: Photo Klopfenstein AG)

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