Experimentelle Versicherungsagentur
Jenny Keller
20. March 2014
Die «Porte des Savoirs» in Lausanne. Bild: Joël Tettamanti, EPFL+ECAL Lab/ALICE
Was etwas unvereinbar erscheint und klingt, ist in Lausanne Wirklichkeit. Dort haben Forschende des EPFL+Ecal-Lab mit den Architekten Dieter Dietz, Rudi Nieveen und Guillaume Othenin-Girard von ALICE1zusammen mit der Uni Lausanne für die Vaudoise Versicherungen eine «neuartige» Versicherungsagentur kreiert. Diese «Porte des Saveurs» befindet sich direkt beim Abfahrtsort der Metro in Epalinges am Rande der Stadt, die zu den universitären Institutionen führt. Auf einem Bildschirm- und Spiegelsystem werden die wichtigsten Neuigkeiten der EPFL, der Uni Lausanne, des CHUV (dem Waadtländer Universitätsspital) und der ECAL (der Kunsthochschule in Lausanne) im Agenturraum angezeigt. Und zwar auf dem Boden, der aus über 18'000 LED-Lämpchen besteht. Durch die Spiegelungen auf der Decke und zusätzlichen Reflektoren im Raum werden diese Informationsflüsse auch gegen aussen sichtbar. Wenn die Besucher die Agentur betreten, ändert sich diese Wahrnehmung: Die Texte werden nun direkt vor ihnen angezeigt und werden detaillierter. Man kann sich daraufhin den ganzen Inhalt auf den interaktiven Tischen der Agentur anzeigen lassen und – damit sind wir beim Kern der Versicherungsagentur – die Dienstleistungen der Vaudoise Versicherungen aufrufen.
Das Anliegen der Forschungsgruppe war herauszufinden, ob eine intellektuelle Erfahrung (nämlich Informationen lesen und verarbeiten) auch körperlich zu erfahren sei. Die Installation in der Metro am Rande der Stadt nehme auch das Eintauchen in die Stadt mit ihrer Dichte und ihrem Informations(über)fluss vorweg. Weil wir nicht selbst da waren, kann dies weder widerlegt noch bestätigt werden. Bei der Erläuterung des Projekts auf der Website von ALICE wird die Vermutung aber bestätigt, dass es nicht in erster Linie um die Versicherungsagentur geht, sondern um ein Experiment, das dank des Geldgebers – hier eine Versicherung – in realen Bedingungen durchgeführt werden kann. Für die Vaudoise Versicherungen verkörpere laut Medienmitteilung die «Porte des Savoirs» das Engagement der Firma in den Bereichen Innovation, Architektur und Kultur. Fair enough!
1) ALICE, das «Atelier de la Conception de l'Espace» der EPFL beschäftigt sich mit der Forschung zwischen Projektrealität und dem Prozess des architektonischen Schaffens. Das Team aus Forschern und Architekten erforscht die Beziehungen zwischen Gesellschaft, Technologie und Umwelt, um ihnen einen räumlichen, fassbaren Ausdruck in architektonischer Form zu verleihen.