Siedlung Feldstrasse
Ersatzbau in Thun
Galli Rudolf Architekten
16. January 2019
Siedlung Feldstrasse mit Johanneskirche. Bild: Tamara Tschopp
Im August 2018 haben Galli Rudolf Architekten den ersten Ersatzneubau einer Wohnbaugenossenschaft in Thun fertiggestellt. Andreas Galli beantwortet unsere fünf Fragen.
Ort Feldstrasse 22, 22a, 3604, Thun BE
Auftragsart Projektwettbewerb, selektiv
Bauherrschaft Bau- und Wohngenossenschaft Nünenen, Thun
Architektur Galli Rudolf Architekten AG ETH BSA, Zürich, Andreas Galli, Yvonne Rudolf, Dirk Hamdorf, Ana Dodevski, Luana Rossi, Stefan Wülser, Isabella Schmidt, Mojca Rebec Fučka, Ricardo Ibrahim
Fachplaner Baumanagement: Anderegg Partner AG, Bellach | Bauingenieur: | Rothpletz, Lienhard + Cie AG, Bern | Gebäudetechnik HLK: Enerconom AG, Bern | Bauphysik: Grolimund + Partner AG, Bern | Landschaft: Albiez de Tomasi GmbH, Zürich | Elektroplaner: Boess+Partner AG, Bern
Jahr der Fertigstellung 2018
Gesamtkosten BKP 1–9 ca. 11 Mio. inkl. MwSt.
Energiestandard Minergie-P
Fotos Tamara Tschopp, Zürich
Südansicht mit Gemeinschaftsgarten. Bild: Tamara Tschopp
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Interessanterweise ist es der erste Ersatzneubau einer genossenschaftlichen Liegenschaft in Thun. Somit dürfte diese Bauaufgabe eine gewisse Signalwirkung für andere ortsansässige Genossenschaften haben. Auf jeden Fall konnten wir ein breit gestreutes und beachtliches Interesse am Projekt feststellen.
Wohnen wie im Eigenheim. Bild: Tamara Tschopp
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Bei der Analyse des Kontextes fiel uns auf, dass die neuen Mehrfamilienhäuser der näheren Umgebung Zeilenbauten sind, die sich konsequent nach Westen orientieren und nach Osten eine Rückfassade bilden. In diese Bebauungsstruktur wollten wir unser Projekt nicht einreihen, weil es im Süden die wunderbare Sicht auf die Berner Alpen mit dem Niesen im Vordergrund gibt und im Nordosten die skulpturale Johanneskirche von Werner Künzi aus dem Jahre 1967 den Ort prägt. Wir gaben der Überbauung eine eigenständige Figur, um einen dreiseitig umlaufenden Garten mit grösstmöglichem Abstand zu den Nachbarsbauten gestalten zu können und der Betonkirche im Norden mit einem weiträumigen Vorplatz den nötigen Freiraum zu gewähren. Jede Wohnung profitiert somit vom Grünraum und wird optimal besonnt.
Eingangshalle. Bild: Tamara Tschopp
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Die gestaffelte Figur und die Ausrichtung nach dem Sonnenverlauf ermöglichen es, dass trotz der kompakten Bauweise alle 27 Wohnungen mit nur zwei Treppenhäusern erschlossen und mindestens zweiseitig orientiert sind. Für die Grundrisse der Wohnungen haben wir eine Typologie gewählt, bei der sich die Wohnräume und Loggien nach Süden abdrehen und alle Bewohner in den Genuss des Gartens und der Bergsicht kommen. Die über Eck angeordneten Loggien erweitern und zonieren den Wohn-, Essbereich.
In Nachbarschaft der Johanneskirche zu bauen, führte dazu, dass wir schon im Wettbewerb eine zeitlose und vor allem werthaltige Fassade vorgeschlagen haben. Ein Gebäude in Sichtmauerwerk scheint uns der richtige Ausdruck im Kontext der durchgrünten Gärten des Quartiers und der Betonkirche zu sein.
Ausblick zum Niesen. Bild: Tamara Tschopp
Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?
Es ist nicht aussergewöhnlich, dass ein Projekt nach einem Wettbewerbsgewinn in Absprache mit der Bauherrschaft in Einzelteilen nochmals präzisiert wird. Beim Projekt in Thun gab es eigentlich nur geringfügige Anpassungen bei den Gemeinschaftsräumen, der Einstellhalle und dem Attikageschoss.
Blick in die Loggia. Bild: Tamara Tschopp
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?
Das Gebäude wurde entsprechend den Anforderungen von Minergie-P realisiert. Darüber hinaus war es unser Bestreben ein wertiges und nachhaltiges Gebäude innerhalb der durch die Bauherrschaft vorgegebenen Kostenlimite zu erstellen.
Das realisierte zweischalige Sichtmauerwerk optimiert den Unterhalt und unterwirft sich nicht dem üblichen Sanierungsrhythmus von 25 Jahren. Die im Vergleich zur Kompaktfassade höhere Anfangsinvestition rentiert in der Gesamtbetrachtung über den längeren Lebenszyklus.
Schon im Wettbewerb wurde eine strategisch kostengünstige Realisierung des Sichtmauerwerkes berücksichtigt. Die konsequente Gliederung des Gebäudes durch vertikale Scheiben führt zu einfachen Detaillösungen und vermeidet teure Sonderelemente. So wurde die Fassade innerhalb des vorgegebenen Kostenrahmens realisiert.