Mehrfamilienhaus
In Stansstad kaufte Karl Flüeler in den Fünfzigerjahren ein Mehrfamilienhaus und pflegte es als Geldanlage über die Zeit. Das Haus und sein Besitzer kamen in die Jahre; er gab es seinen vier Kindern weiter und die fragten: Verkaufen, umbauen oder gar das Abenteuer Neubau wagen? Karl Flüeler, der ehemalige Staatsanwalt von Nidwalden, war zeitlebens ein Kulturtäter und -förderer und auch seine Kinder engagieren sich in kulturellen Fragen. Kurz: Die Familie hatte den Anspruch, nicht einfach bauen zu wollen und Rente einzuziehen, sondern etwas Rechtes zu machen. Wie dieses aber einfädeln, damit es gelinge? Wie Bauherr werden? Um eine Antwort auf solche Fragen zu finden, entschieden sich die Vier für einen Workshop mit den Architekten Andi Scheitlin und Marc Syfrig. Man traf sich während eines Nachmittags in der ‹Linde› von Stans. Toni Häfliger, Architekt bei den SBB, nahm die Architekten in die Zange: «Was könnt ihr? Weshalb allenfalls mit Euch?» Köbi Gantenbein fühlte den vier Geschwistern auf den Zahn: «Was will dieser Bauherr leisten, damit sein Projekt gelingen kann?» Erich Wagner, ein Immobilienfachmann, führte die ökonomischen Konsequenzen jeder Aussicht vor. Entscheiden jedoch musste die Bauherrschaft schliesslich allein. Und sie sprach sich aus für einen Neubau, denn das alte Haus liess sich wegen seiner Grundrisse und seiner Substanz nicht mehr halten. Seit der Konferenz wussten die Vier: Gute Bauherren sind nicht nur fachkundig und standhaft, sondern sie müssen oft präsent sein. Also stellte die ‹Einfache Gesellschaft Geschwister Flüeler› Toni Häfliger als ihren Bauherrenvertreter an.
Foto: Walter Mair
An der Kantonsstrasse, unweit des Bahnhofs, steht das Resultat der Mühe: Ein grauer, scharf geschnittener Kubus mit zwei Geschosswohnungen und fünf Maisonetten, untergebracht als Häuser im Haus. Bauherrschaft und Architekten haben zwei Ideen über alle Klippen hinweg durchgezogen. Erstens: Die Annehmlichkeit und Grosszügigkeit, die wir mit dem Einfamilienhaus verbinden, lassen sich auch im Mehrfamilienhaus realisieren. Grosse Küche, Raumvielfalt, Einbaukästen und Aussenbereiche. Diese sind nicht einfach Balkone, wie Schubladen ins Haus gestellt, sondern zu den Wohnungen komponierte Aussenzimmer mit Durch- und Ausblicken. Die Anordnung der Wohnungen mit den weiten Loggien und Terrassen ist ein keckes geometrisches Spiel – von aussen vermuten wir innen einfache Grundrisse, innen treffen wir aber eine ineinander verschränkte Vielfalt. Zwischen 94m2 und 144m2 gross sind die sieben Wohnungen und kosten zwischen 1910 und 2620 Franken. Zweitens: Solcher Raumstandard ist üblich für Eigentumswohnungen, doch er funktioniert auch für die Ökonomie der Miete. Das Wohnhaus in Stansstad, gebaut aus Beton und Kalksandstein und verkleidet mit einer Fassade aus grau gestrichenen Lärchenbrettern, ist ein aparter Beitrag zum Bauen in einem Dorf, das im Laufe der letzten Jahre zu einem Stück Agglomeration Innerschweiz geworden ist. GA
Mehrfamilienhaus
2004
Stanserstrasse 6
Stansstad
Bauherr
Geschwister Flüeler
Stans
Architektur
Scheitlin Syfrig + Partner
Luzern
Ulrike Eberhardt
Bauherrenbegleiter
Toni Häfliger
Stans
Gesamtkosten
CHF 3,5 Mio.