Zum Tod von Dietmar Steiner
Katinka Corts
20. Mai 2020
Dietmar Steiner (Foto: Heribert Corn © Architekturzentrum Wien)
Der Architekt und Architekturpublizist Dietmar Steiner war 1993 Gründungsdirektor des Architekturzentrums Wien, lehrte an der Hochschule Wien und war Präsident des ICAM. Vergangenen Freitag ist er im Alter von nur 68 Jahren gestorben.
Als 1993 in Österreichs Hauptstadt das Architekturzentrum Wien (Az W) als landesweit einziges Architekturmuseum gegründet wurde, war Dietmar Steiner sein Direktor und sollte es für 23 Jahre bleiben. Steiners Engagement brachte das Thema Architektur einem grossen Publikum nahe. Mit breit angelegten, ganz unterschiedlich ausgelegten Themen- und Dauerausstellungen im heutigen MuseumsQuartier wurde das Az W zu einem Kernstück in der Museumslandschaft.
Steiner, der an der Akademie der bildenden Künste in Wien unter Gustav Peichl und Ernst Plischke studiert hatte, wurde bald darauf Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Architektur (1980–82). Am Lehrstuhl für Geschichte und Theorie der Architektur der Hochschule Wien lehrte er noch bis 1989 und eröffnete dann sein eigenes Architekturbüro. Zusätzlich zur Tätigkeit im Az W arbeitete Dietmar Steiner ab 1995 für vier Jahre als Redaktor des Designmagazins Domus und wurde 2002 nach Hans Hollein Kommissar für den österreichischen Pavillon bei der 8. Architekturbiennale von Venedig.
«Es ging immer um die Vermittlung von Interessen. […] Ich habe kein großes Sendungsbewusstsein und keine Botschaft gehabt, das hat sich alles so ergeben.»
«Dietmar Steiner hat dem Az W schon früh eine einzigartige DNA verpasst, um die uns heute viele Museen beneiden: die Situierung inmitten gesellschaftlicher Debatten. Viele aktuelle Themen, von Klimawandel bis zur gebauten Solidarität hat er seismographisch vorweggenommen. Die Architektur und wir alle, die wir in ihr leben, haben einen großen Verbündeten verloren», schreibt Angelika Fitz, die heutige Direktorin des Az W, auf dessen Website.
Zeitlebens setzte sich Steiner für eine menschliche und ressourcenschonende Architektur ein und bemängelte das Stararchitektentum und global agierende Grossbüros. Nach seiner Pensionierung befasste er sich erneut – nach dem Studium arbeitete er dort – mit Friedrich Achleitners Archiv «Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert» und plante die Herausgabe eines Architekturführers für Niederösterreich. Dieses Projekt konnte er jedoch nicht mehr fertigstellen. «Dietmar Steiner ist für immer mit den erfolgreichen ersten Jahrzehnten des Architekturzentrum Wien verbunden. Aber nicht nur das Az W, sondern die Architekturszene Österreichs […] verlieren mit Dietmar Steiner einen der engagiertesten Vertreter. Er war nie ein Angepasster und seine kritischen Analysen haben immer für Debatten gesorgt. Aber genau diese Debatten, an denen er aktiv mitmischte haben Architekturgeschichte geschrieben», erinnert sich Hannes Swoboda, der Präsident des Vorstandes des Az W.