Raumkunst
Susanna Koeberle
4. Dezember 2017
Ausstellungsansicht «Theft ist Vision». Bild: Stefan Altenburger
Die Ausstellungsarchitektur von «Theft is Vision» im Luma Westbau stammt von Petra Blaisse (Inside Ouside). Sie ist integraler Bestandteil der Schau und wird selbst zum Kunstwerk.
Meist schenkt man der Art und Weise, wie Kunst ausgestellt wird, kaum Beachtung. Die eigentlichen Protagonisten sind ja die Kunstwerke, was soll das Display an sich da für eine Rolle spielen. Dass dies auch anders sein kann, beziehungsweise intergraler Bestandteil der Ausstellung zeigt «Theft is Vision», eine Schau im Luma Westbau, die sich dem Thema Appropriation widmet. Die beiden Kuratoren Niels Olsen und Fredi Fischli, Leiter der «gta Ausstellungen», beauftragten für diese Aufgabe die Niederländerin Petra Blaisse, Inhaberin von Inside Outside, mit der sie schon zuvor zusammengearbeitet hatten. Die Designerin ist an der Schnittstelle zwischen Landschaftsarchitektur, Urbanistik, Innenarchitektur, Szenographie und Textildesign tätig. Bekannt wurde sie durch ihre Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro OMA, für das sie mehrere Ausstellungsarchitekturen entwickelte. Für die Ausstellung im Löwenbräu ersann sie eine räumliche Inszenierung, die direkt auf das Thema der Ausstellung Bezug nimmt. These der Ausstellung ist, dass Zitieren und Abschauen in der Kunst so alt wie die Kunst selbst sind. Schon immer orientierten sich Künstler an ihren Vorgängern, interpretierten bestehende Typologien neu, dachten diese weiter, nährten sich Vampiren gleich von der Kreativität der anderen. So gesehen ist Diebstahl eine produktive kulturelle Strategie. Creatio ex nihilo gibt es nur bei Gott, etwas anderes zu behaupten wäre pure Arroganz. Allerdings stellt sich dadurch immer auch die Frage nach der Eigenleistung, nach der Autorschaft. Ist jemand «nur» ein Epigone oder schaffen Künstler durch den Akt der Appropriation auch einen Mehrwert?
Auf die Spitze getrieben hat diese Fragestellung der französische Künstler Marcel Duchamp mit seinen Readymades. Schon die pure Behauptung etwas sei Kunst, macht ein banales Objekt zu Kunst. Das Geflecht an Referenzen in der Kunst spinnt sich derweil frischfröhlich weiter, wodurch ein spielerischer Dialog zwischen den Künstlern und Künstlerinnen entsteht. Zur Kunstproduktion gehört aber immer auch die Kunstpräsentation. Auch diesbezüglich sind im Verlauf der Zeit bestimmte Traditionen entstanden wie etwa die klassische museale Präsentation. Die dort vorherrschende Form ist die Enfilade, wie man sie aus der Architektur der grossen Museen des 19. Jahrhunderts kennt. Ausgehend von dieser repräsentativen Form der Ausstellungsarchitektur kreierte Petra Blaisse ein Display, das diese Struktur aufnimmt und auf die White-Cube-Situation zeitgenössischer Galerien überträgt. Die mit Klarsichtfolie eingepackten Metallstrukturen spielen mit dem Thema der Transparenz und nehmen mit ihrer fast billigen Erscheinung Motive der Ausstellung auf. Der so geschaffene Rahmen wird dadurch selbst zum Exponat.
Zur Arbeit von Petra Blaisse ist nächstes Jahr eine Einzelausstellung im gta geplant.