Privates Calvino-Experiment

Manuel Pestalozzi
21. Februar 2017
Anastasia. Bild: Karina Puente

Gemäss einem Interview mit kindlemag arbeitete Architektin Karina Puente zuerst in einem privaten Büro, anschliessend als Stadtplanerin in der Verwaltung von Lima. Sie begann, sich künstlerisch mit Zeichnungen von Städten als Organismen auseinandersetzen und erinnerte sich an das Werk von Italo Calvino über die unsichtbaren Städte. Das Bedürfnis, diese phantasierende Literatur der erzählten urbanen Strukturen in eine graphische Form zu übersetzen, ergab sich einerseits aus dem Kontakt mit der einer Stadt innewohnenden Komplexität. Andererseits hatte sie auch das Bedürfnis, ihrem kleinen Sohn die Schilderungen von Calvinos Marco Polo näherzubringen und sie in den Kontext des gemeinsamen Bastelns zu stellen.
 
In Karina Puentes Interpretation verlieren die Städte ihre Unsichtbarkeit und werden zu grossen, pulsierenden Organismen. Ein wiederkehrendes Thema der Darstellungen ist die Ausdehnung in alle Richtungen: in die Breite, die Höhe und insbesondere die Tiefe. Die horizontale Schichtung und das Ausgreifen in den Himmel und das Erdreich zeigen, wie die Diversität zur Einheit wird, die man zwar nicht in jedem Detail kennt aber doch als zusammenhängendes Ganzes wahrnimmt. Bewusst lässt Puente in ihr Werk aktuelle Ereignisse oder persönliche Stimmungen einfliessen. Sie werden Bestandteil des Bildes, das sich die Leserin von Marco Polos Schilderungen macht. Und dieses Bild wiederum lässt die Betrachtenden erkennen, dass Städte immer auch Traumgebilde sind. Sie entstehen in den Köpfen all jener, die sich in ihnen aufhalten und bewegen. Oder von ihnen aus der Distanz vernehmen.

Dorotea. Bild: Karina Puente

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