Österreich: «Plenum. Places of Power»
Jenny Keller
12. Juni 2014
Die 196 Parlamente dieser Welt hängen im Massstab 1:500 an den Wänden des österreichischen Pavillons. In ihrer massenhaften Anordnung werden die Monumente zum Ornament. Bild: Markus Bachmann
In der schieren Menge der Biennale-Beiträge (es sind alleine 66 Länderpavillons) vermag nicht alles zu überzeugen. Wenn man sich über den Sinn eines Beitrags Gedanken macht (jedes Land investiert jedes Jahr – die Kunstbiennale gibt es ja auch noch – Zeit, Geduld und Geld in einen Beitrag, der zur Erklärung unzählige Bücher, Flyer etc. nach sich zieht und möglicherweise nicht das Gewicht und die Strahlkraft hat, dass er weiterklingt als bis zum jeweiligen Ende der Ausstellung), dann ist der österreichische Beitrag auf mehreren Ebenen nachhaltig und wertvoll.
Erstens erfüllt er ganz einfach und doch esenziell einen ästhetischen Anspruch, weisse Modelle im Massstab 1:500 sind an den Wänden des Pavillons aufgehängt; 196 an der Zahl, es sind die Parlamentsgebäude der Welt, die in den letzten 100 Jahren entstanden sind. Wir sehen darin nicht nur ein Ornament aus Gebäudeformen, sondern auch: Architektur ist politisch. Ein Katalog aus dem Hause Birkhäuser, in dem die verschiedenen Typologien versammelt sind, fungiert auch nach der Ausstellung als erstmaliges Nachschlagewerk dieser Gebäudeart. Die Kuratoren erzählten, dass die Aufarbeitung zum Buch und den Modellen nicht einfach war, denn nicht von jedem Land erhielt man ausreichend Material. Vielleicht sei das eine oder andere Parlament nun zu hoch oder zu lang geraten.
Im Innenraum des Pavillons von Josef Hoffmann (1934, erweitert und modernisiert im Sinne des «International Style» 1954). Bild: © Markus Bachmann
Das Thema wird aber nicht nur «oberflächlich» angegangen, sondern wird in einer vertieften Ebene im Hof des österreichischen Pavillons aufgegriffen, der von Landschaftsarchitekten Auböck und Kárász umgestaltet worden ist. Anstelle der Bodenplatten im hinteren Teil wurden Bäume aus der ganzen Welt gepflanzt, aus denen Stimmen der Nicht-Repräsentierten zu hören sind. Die Stimmen kommen natürlich aus Lautsprechern und stehen gegenüber den Stimmen aus den Lautsprechern beim Pavillon, wo man beispielsweise Erdogan gegen Twitter wettern hört. Zu hören sind Mitschnitte von realen Gegebenheiten der jüngsten Zeit, wo in der ganzen Welt, mehrheitlich auf Plätzen – also im Aussenraum –, im Plenum die Stimme nach Demokratie laut wurde. Per Twitter kann man aber auch selbst bestimmen, was die Lautsprecher im Garten verkünden sollen. Die Message dabei ist so simpel wie funktionierend: Hier gibt man seine Stimme ab, die hat manchmal Gewicht, manchmal ist der Inhalt banal und sie geht unter. Wie in einer funktionierenden Demokratie eben auch.