Österreich ehrt zwei seiner herausragendsten zeitgenössischen Architekten
Elias Baumgarten
7. April 2020
Ab den späten 1960er- und bis in die 1980er-Jahre gehörten Haus-Rucker-Co mit Laurids und Manfred Ortner zu den wichtigsten deutschsprachigen Avantgarde-Gruppen im Architekturbereich. Die Aufnahme zeigt die Arbeit «Environment Transformer», die 1968 entstand. (Foto: Maia Valenzuela, CC BY 2.0)
Laurids und Manfred Ortner erhalten den «Großen Österreichischen Staatspreis». Die höchste Auszeichnung für Künstler*innen ihrer Heimat ist ein weiterer Höhepunkt auf einem langen, spannenden und erfolgreichen Karriereweg. Wir gratulieren herzlich.
Der «Große Österreichische Staatspreis» ist die höchste Auszeichnung, die in unserem Nachbarland an Künstler*innen für ihr Lebenswerk vergeben wird. Auf Vorschlag des Österreichischen Kunstsenats erfolgt die Vergabe ohne festgelegtes Rotationsprinzip in den Sparten Architektur, bildende Kunst, Literatur und Musik. In diesem Jahr wird die grosse Ehre zwei herausragenden Architekten zuteil: Laurids und Manfred Ortner.
City Tower Wien (Foto: Peter Haas via Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)
Langer WegHeute leiten Laurids und Manfred Ortner zusammen mit Roland Duda, Christian Heuchel, Florian Matzker und Markus Penell ein weltweit überaus erfolgreiches Architekturbüro mit Niederlassungen in Wien, Berlin und Köln. Der Weg dorthin war lang und spannend, er begann im Jahr 1967: Zusammen mit dem Architekten Günter Zamp Kelp und dem Maler Klaus Pinter gründete Laurids Ortner die Arbeitsgemeinschaft Haus-Rucker-Co. Sein Bruder Manfred stiess 1971 dazu. In den späten 1960er- und bis in die 1980er-Jahre gehörte das Team zu den wichtigsten Avantgarde-Gruppen im deutschen Sprachraum. Der Name war dabei Programm: Haus-Rucker-Co wollten alte Häuser «wegrücken» und Platz für Neues zu schaffen. Ihre utopischen architektonischen Konzepte und Environments wie das «Gelbe Herz», der «Mind Expander», der «Ballon für Zwei» oder die «Oase Nr. 7», die bis heute in Österreichs Architektur als Inspirationsquellen fortwirken, zielten immer wieder auf Bewusstseinserweiterung ab; zudem teilten sie das Interesse an Kapseln und pneumatischen Konstruktionen anderer (österreichischer) Avantgardisten jener Zeit. Je länger, je mehr widmete sich die Gruppe schliesslich provokanten architektonischen Entwürfen und befasste sich mit den Nahtstellen und Brüchen der Grossstädte.
Mumok, Wien (Foto: Isiwal via Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)
In den späten 1980er-Jahren löste sich die Gruppe auf. Laurids und Manfred Ortner gründeten 1987 ein eigenes Büro (O&O Baukunst), ebenso Günter Zamp Kelp. Mit der Neugestaltung des Areals des heutigen Wiener Museumsquartiers schafften sie den endgültigen internationalen Durchbruch. Sie gewannen 1990 den Architekturwettbewerb, das Mumok, das Leopold Museum und die Kunsthalle Wien entstanden nach ihren Plänen. Viele bedeutende Bauaufträge folgten, zum Beispiel durften die Architekten das Eckhaus am Pariser Platz in Berlin gegenüber dem Hotel Adlon und direkt beim Brandenburger Tor gestalten; herausragend auch die ARD Hauptstadtstudios in Berlin oder der Wiener City Tower, um nur wenige Beispiele anzuführen. In der Schweiz gestalteten sie das Theater und Kulturzentrum des Schauspielhauses Zürich. Aktuell arbeiten sie am Projekt «Urbane Mitte am Gleisdreieck» für Berlin. Und nach langen Verzögerungen soll alsbald ihr Veranstaltungsraum «Libelle», den sie gemeinsam mit den Künstlerinnen Eva Schlegel und Brigitte Kowanz gestaltet haben, auf dem Dach des Wiener Leopold Museums eröffnet werden.
Urbane Mitte Gleisdreieck Berlin (Visualisierung: Finest-Images © O&O Baukunst)
Grosse EhreUnd nun also hat die Karriere von Laurids und Manfred Ortner einen weiteren Höhepunkt erreicht: Sie erhalten den «Großen Österreichischen Staatspreis». Mit der verdienten Ehrung reihen sie sich ein unter herausragende und prägende österreichische Architekten wie Günther Domenig, Wolf D. Prix, Hans Hollein oder Roland Rainer. Zuletzt ging der Preis übrigens 2015 an Architekt*innen – ausgezeichnet wurden damals Elke Delugan-Meissl und Roman Delugan.
Wir gratulieren herzlich und freuen uns bereits auf die nächsten Bauten von O&O Baukunst.
1967 war er Mitbegründer der Architekten- und Künstlergruppe Haus-Rucker-Co. 1976 bis 1987 hatte er eine Professur an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz inne. 1987 bis 2011 war er Professor für Baukunst an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf.
Manfred Ortner (*1943) studierte Malerei und Kunsterziehung an der Akademie der bildendenden Künste Wien. 1971 bis 1987 war auch er Teil von Haus-Rucker-Co mit Günter Zamp Kelp, Klaus Pinter und seinem Bruder Laurids. Seit 1987 führen die Brüder das Architekturbüro O&O Baukunst, heute gemeinsam mit Roland Duda, Christian Heuchel, Florian Matzker und Markus Penell. 1994 bis 2012 war Manfred Ortner Professor für Entwerfen an der Architekturfakultät der FH Potsdam.