«Grosse Kunst und Architektur»
Jenny Keller
4. Oktober 2012
Die Sammlung E.G. Bührle wird ins zweite Obergeschoss der Erweiterung umziehen. © Ute Zscharnt für David Chipperfield Architects
Das neue Kunsthaus als Teil der Ausstellung «Das Neue Kunsthaus». Klingt kompliziert, ist es aber nicht.
Nicht ganz unbescheiden ist der Untertitel der aktuellen Ausstellung «Das Neue Kunsthaus» im Kunsthaus Zürich, die heute, 4.10., Vernissage feiert. Bei der Vorbesichtigung der Presse war auch Sir David Chipperfield anwesend, der bei seiner Rede zugeben musste, dass er «geschockt» gewesen sei ab der schweizerischen Präzisionsarbeit, die sein Berliner Büro bereits jetzt hat abliefern müssen. Das Neue Kunsthaus indessen habe profitiert von dieser harten Arbeit und sei so ausgereift, dass man morgen mit dem Bauen beginnen könnte. Doch davor muss das Stadtzürcher Stimmvolk am 25. 11. erst noch einen Teilkredit von 88 Millionen Schweizerfranken gutheissen. Die NZZ schreibt denn auch, es handle sich um eine «eigentliche Werbeausstellung» für die Abstimmung zum Erweiterungsbau. Das ist ja auch ganz legitim, finden wir. Neben der Architektur, die in zwei Räumen vermittelt wird, stellt die Ausstellung die inhaltliche Ausrichtung des Kunsthauses vor, wie man in der NZZ vom 2.10.2012nachlesen kann.
Modellfoto zentrale Halle, 1. Obergeschoss. © Ute Zscharnt für David Chipperfield Architects
Bewährte Räume für die Kunst
Doch von der Kunst zurück zum Haus. Hat man die Treppe vom Foyer ins Obergeschoss im Moserbau überwunden – das unangenehmste Steigungsverhältnis seit der Treppe im Physikgebäude der ETH Zürich –, findet man zur Linken einen Raum mit grossformatigen Innenraumbildern und Situationsmodellen. Gerahmt und wie Bilder gehängt, sieht der Besucher, wie die Innenräume der Erweiterung dereinst aussehen werden. Grau dominiert, Beton und Bronze, einmal als Wandverkleidung und Filter zwischen privat und öffentlich und einmal als Treppengeländer tragen die klassizistische Strenge auch ins Innere. Ansonsten handelt es sich um Museumsräume, teils von oben, teils von der Seite belichtet. Das Rad wird hier nicht neu erfunden – was durchaus Sinn macht.
Rendering Eingangshalle, Stand Vorprojekt. © David Chipperfiled Architects
Berechtigte Kritik?
Die Eingangshalle erinnere an die Tate Modern, hört man sagen - aber haben wir nicht alle Erinnerungen an «unser» Museum. Mich erinnert die Treppenhaussituation beispielsweise an den Altbau des Kunstmuseums in Basel. Eine schöne Analogie, wie ich finde. Das Schöne an der Ausstellung ist hingegen, dass die grossformatigen Bilder in Tat und Wahrheit Modellfotografien (s. Links) sind. Die Modelle dazu sind in einem weiteren kleinen Raum zusammen mit Fassaden- und Wandverkleidungsmustern ebenfalls zu sehen.
Nachtansicht über den Heimplatz auf Fassade mit neuem Haupteingang. Stand Vorprojekt. © David Chipperfield Architects
Chipperfield und sein Berliner Team wollen mit der Erweiterung zweierlei, die «accessability» verbessern und das Kunsthaus auch zu einem öffentlichen Ort machen, ohne dabei jedoch die Seriosität der Institution zu unterbinden. Das wird erreicht, indem die Eingangshalle zum Durchgangsort in den «Garten der Kunst» wird. Vom Moserbau kommt man indes unterirdisch in den Chipperfieldbau, der von seinen Kritikern als zu wuchtig und städtebaulich unglücklich empfunden wird. Doch der Heimplatz ist in Wirklichkeit nur im Namen ein «Platz», mehr Verkehrschaos als städtischer Freiraum. Vielleicht kann er durch die neue Grosszügigkeit aufatmen. Wir werden es (hoffentlich) sehen.
www.kunsthaus.ch/DasNeueKunsthaus