Dirror, Dirror an der Wand …
Manuel Pestalozzi
27. September 2017
Bilder: www.dirror.com
In der europäischen Tradition sind Spiegel Ansprechpartner, schonungslose Offenbarer und Geheimnisträger. Die Balance zwischen ungeschönter Wahrheit und dem Verborgenen wird durch die Digitalisierung gestört.
Die Eigenschaft der Spiegel ist, dass sie alles zurückwerfen, auf jene, die in sie hineinblicken. Märchen lassen sie auch Kommentare abgeben, Schneewittchen und die Königin können davon ein Lied singen. Was hinter ihnen liegt, weiss auch keiner. Lewis Carroll machte sich einen Spass daraus, Alice ins Spiegeljenseits zu befördern.
Die Reputation der reflektierenden, blanken Fläche muss revidiert werden; die Digitalisierung droht, den Zauber zunichte zu machen. Spiegelglas lässt sich seit einiger Zeit mit einer Informationsschicht hinterlegen. Sie ist interaktiv. Da überrascht es nicht, dass der Dirror dem Markt seine Aufwartung gemacht hat. So nennt sich ein digitaler Spiegel mit grossem Farbdisplay, Touchscreen und Sprachsteuerung. Nicht bloss das Reinsehen, auch das Betratschen und Bequatschen hat Folgen. Wir sprechen also nicht mehr von einem tumben Spiegel, sondern von einer digitalen Zentrale, mit der man die täglichen Dinge des Lebens wie Einkaufslisten, Erinnerungen, Nachrichten, E-Mails oder das Wetter auf einen Blick kinderleicht überblicken, organisieren und steuern kann. Videotelefonate, Online-Shopping, Stromverwaltung – ist gebonkt, alles geht durch den Dirror.
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