Basler Jubilare: Jacques Herzog und Pierre de Meuron
Manuel Pestalozzi
20. April 2020
Herzog & de Meuron haben in vielen Teilen der Welt wahre Pilgerorte und Studienobjekte geschaffen. Das Lagerhaus von Ricola in Laufen entstand 1986–1987. (Foto: Manuel Pestalozzi)
Jacques Herzog und Pierre de Meuron feiern dieser Tage ihren 70. Geburtstag. Mit imponierender Konstanz vermitteln uns die vielleicht bekanntesten Schweizer Architekten der Gegenwart wertvolle Impulse – und zeigen keine Spur von Müdigkeit!
In Basel öffnet sich die Schweiz zur Welt. In der Stadt am Rheinknie wird spürbar, dass unser Land Teil des europäischen Kulturraums ist. Basel war immer die Basis von Herzog & de Meuron. Hier wurden die beiden Architekten 1950 wenige Tage voneinander geboren (Jacques Herzog am 19. April, Pierre de Meuron am 8. Mai), hier lernten sie sich in der ersten Primarschulklasse kennen. Einen beeindruckenden Teil ihres Lebens gingen sie gemeinsam durch die Welt, aus der Freundschaft wurde auch eine überaus erfolgreiche Geschäftspartnerschaft. Seit der Bürogründung 1978 ist ein grosser «Entwurfskonzern» entstanden, der an vielen Hotspots der heutigen globalen Zivilisation – aber auch an eher provinziellen Standorten – Projekte realisiert. Stets treten die Bürogründer als «Autoren» auf, zumeist gelingt ihnen das auf überzeugende Weise.
Die über Jahrzehnte andauernde Kombination von Produktivität und Originalität von Herzog & de Meuron ist eine Seltenheit. Das Gesamtwerk des Büros wirkt wie ein gewaltiger Fels in der Brandung, will man das Architekturgeschehen des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts mit der Küste des kulturellen Festlands im stürmischen Ozean der Globalisierung vergleichen. Die fortwährende Eigenart ihres Schaffens machen die Hinwendung zum Standort, der Respekt vor dem Bestand und der Wille zum Weiterbauen aus. Die Tabula rasa gehört nicht zu den Merkmalen des Werks von Herzog & de Meuron; ebensowenig ein festes formales Repertoire, welches eine Erwartungshaltung bei Bauherrschaften oder Wettbewerbsjurys erzeugen würde. Jede Aufgabe erhält ihre eigene Antwort – noch immer vermögen die beiden Architekten neu zu überraschen.
Bauen im Bestand gehört zum Wirken von Jacques Herzog und Pierre de Meuron, so auch beim CaixaForum in Madrid (2003–2008). (Foto: Manuel Pestalozzi)
Die runden Geburtstage von Jacques Herzog und Pierre de Meuron fallen in eine Zeit der Zurückhaltung, der Ungewissheit und der Verunsicherung. Die mittelfristigen Folgen für das Architekturgeschehen sind unabsehbar – doch deutet nichts darauf hin, dass sich die beiden Jubilare zurückziehen möchten. Im vergangenen Jahr hatte ich die Gelegenheit, anlässlich der Präsentation ihres Forums UZH der Universität Zürich ein Interview mit Jacques Herzog zu führen. Meine Frage, ob die beiden Bürogründer die Entwicklung des Projekts in jüngere Hände übergeben werden, löste ein gewisses Erstaunen aus. «Ich habe die Absicht, das Projekt bis am Schluss zu begleiten», meinte Jacques Herzog, «das ist in unserem Berufsstand ja nicht unüblich.» Swiss-Architects gratuliert herzlich!