Für das «Obama Presidential Center» liegen die Pläne vor
Mit den Obamas im Park
Gerold Kunz
11. Mai 2017
Bild via obama.org
Im Sommer 2016 wurde der Studienauftrag für das neue «Obama Presidential Center» in Chicagos South Side entschieden. Nun liegen die überarbeiteten Pläne der Architekten Tod Williams und Billie Tsien vor.
Auf dem Gelände des Jackson Park wird in Nachbarschaft zum «Museum of Science and Industry» eine gebaute Landschaft entstehen, aus der ein 60 Meter hoher Monolith ragt. Die Präsentation der bereinigten Pläne für das «Obama Presidential Center» (OPC) haben in Chicago grosses Interesse ausgelöst. Seit im Mai 2015 Chicago als Standort bestimmt, im Herbst darauf der Studienauftrag gestartet wurde und im Sommer 2016 die Architekten bekanntgegeben wurden, erwartetet die Bevölkerung von Chicago sehnlichst die Pläne ihres ehemaligen Präsidenten, der in der vernachlässigten South Side eine Gedenkstätte seiner Amtszeit errichten wird.
Aus den Erläuterungen geht hingegen hervor, dass aus dem Center keine Gedenkstätte wird. Die Obamas verstehen ihr Center als einen Ort, an welchem Jugendliche aus der South Side sich zu Persönlichkeiten entwickeln können. Auch werden die originalen Dokumente aus Obamas Amtszeit nicht in Chicago archiviert, sondern an einem noch zu bestimmenden Ort von der «National Archive and Records Administration» (NARA) verwaltet. In Chicago werden die Dokumente dennoch virtuell einsehbar sein.
Neben einem 60 Meter hohem Museumsturm mit Ausstellungs-, Schul- und Gemeinschaftsräumen werden zwei weitere Gebäude entstehen, das sogenannte «Forum Building» und eine Bibliothek, die zum Ableger der öffentlichen Bibliothek werden könnte. Zusammen fassen die drei Bauten einen Platz, der sich nach Westen zur Stony Island Avenue orientiert, einer der Hauptverkehrsachsen in die South Side.
Der Standort des Centers in Gehdistanz zum «Museum of Science and Industry» (das Gebäude ist ein Relikt der legendären Weltausstellung von 1893) ist verkehrstechnisch gut gewählt. Der Ort verfügt nicht nur über direkte Verbindungen ins Stadtzentrum, sondern zählt wegen der Lage neben der Universität zu einem der sichersten Orte in der South Side. Im Unterschied zum Washington Park, dem im Studienauftrag geprüften alternativen Standort, der eine Aufwertung dringend benötigte, liegt der Jackson Park am gut entwickelten Rand der South Side am Lake Michigan.
Bild via obama.org
Heute befindet sich auf dem Gelände eine sechsspurige Strasse, der «Cornell Drive», die täglich von tausenden Pendlern genutzt wird. Verkehrsstudien sollen nun zeigen, wie dieser Verkehrsstrom umgeleitet werden kann, damit sich die Anlage in den Jackson Park integrieren lässt. Heute weisen sich die Gebäude vom Park ab. Dies könnte sich ändern, sobald ein Entscheid zur künftigen Strassenführung vorliegt. Dass die Pläne nochmals überarbeitet werden sollen, empfiehlt auch der angesehene Architekturkritiker der Chicago Tribune, Blair Kamin, der den Architekten nahelegt, den an ein Pharaonen-Grabmal erinnernde Charakter des Museumsgebäudes zu überarbeiten, zugunsten eines zeitgenössischen Ausdrucks. Den sieht er in der von I.M Pei entworfenen und 1979 eröffneten «John F. Kennedy Library» in Boston wesentlich besser erfüllt.
In der Schlussrunde standen im Wettbewerb das Projekt des Chicagoer Architekten John Ronan jenem des siegreichen Teams um Tod Williams und Billie Tsien gegenüber, das 2012 im Campus der Universität von Chicago das «Logan Center for the Performing Arts» realisierte. Schon dort hatten die Architekten ihr flaches Gebäude mit einem Turm kombiniert, der die Klassenräume enthält. Dieser Grundidee folgen sie nun auch für das OPC.
Ronan, der sich in Chicago mit der «Poetry Foundation» einen Namen machte und gegenwärtig eine Baustelle auf dem Gelände des IIT unterhält, schlug ein ringförmiges Gebäude vor, das über dem Boden schwebte, ein «O» im Park. In dieses Gebäude integrierte er alle Nutzungen, ohne Hierarchien zu erzeugen – ein angemessener Entwurf für das heterogene Programm.
Luftbild des Gebiets. Bild via obama.org
Noch liegt keine Stellungnahme der «Friends of the Parks» vor, eine der gewichtigsten Organisationen, wenn ums Bauen in den Parkarealen geht. Die Organisation hatte noch vor einem Jahr George Lucas mit seinem Projekt für ein «Museum of Narrative Arts» aus Chicago vertrieben. Mit ein Grund, weshalb das Obama-Projekt mehr Grün als Gebautes zeigt.
Angesichts der vielen offenen Fragen, was die Schliessung des Cornell Drive betrifft, aber auch wo die Parkierung platziert werden kann, wird es eine Projektüberarbeitung geben müssen. Ob es ein «Obama Presidential Center» im Jackson Park geben wird, hängt wesentlich von der Reaktion der lokalen Bevölkerung ab. Ohne positive Stellungnahme der «Friends of the Parks» wird der Prozess zuerst eine gerichtliche Fortsetzung erfahren.
Gerold Kunz ist Architekt, Denkmalpfleger im Kanton Nidwalden und Architekten-Blogger beim Onlinemagazin zentral+. Er kennt Chicago, weil er vier Monate, als Stipendiat im Atelier von Luzern, in der Metropole verbrachte.
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