E2A Architekten
Jenny Keller
10. Oktober 2013
E2A Architekten: Piet und Wim Eckert (Bild: Christian Aeberhard)
Das mittlerweile international tätige Architekturbüro E2A in Zürich wurde 2001 gegründet. Doch die Eckert-Brüder wussten schon lange vorher, dass sie einmal zusammen arbeiten würden.
Zusammengearbeitet haben Piet und Wim Eckert eigentlich schon immer. Sei das während des Studiums an der ETH gewesen oder bei OMA, wo sie nach dem Abschluss beide tätig gewesen sind. Für beide war klar, dass, wenn sie als Architekten arbeiten würden, sie nicht ein Leben lang für jemand anderen entwerfen wollten. Und weil die zwei Karrieren immer parallel verlaufen seien, wäre es fast schon absurd gewesen, wenn sie sich je mit einem Büro selbstständig gemacht hätten, meint Piet Eckert. Zu zweit müsse man weniger Ballast tragen, wenn man sich selbstständig macht und könne mehrere Dinge gleichzeitig angehen, beschreibt Wim Eckert die Vorteile des gemeinsamen Arbeitens.
Die Arbeitsteilung unter den Brüdern ist ausgeglichen, die Initiierung der Projekte geht man meistens gemeinsam an, dann folgt ein intensiver Dialog, und ab einem gewissen Stadium des Projektes spiele es keine grosse Rolle mehr, welche Idee nun von wem gekommen sei, erklären die Architekten.
Hebebrand Quartier, Hamburg (Bild: Jon Naiman)
Dialogisches Prinzip
Sie fühlen sich sehr wohl, wenn sie zusammen lange über einer Aufgabenstellung brüten, manchmal hinter verschlossenen Türen, denn die Essenz einer Aufgabe zu erkennen, sei essentiell und gar nicht untrivial, sind die beiden überzeugt. Im Gespräch diesen Punkt gemeinsam herauszuschälen sei ihnen wichtig, und auch das funktioniere zusammen besser als alleine.
E2A haben sowohl grosse wie auch kleine Projekte in ihrem Portfolio, es komme ganz auf den Reiz der jeweiligen Aufgabe an. Auch kleine Projekte könnten äusserst reizvoll sein und grosse manchmal ziemlich banal. Ein grosser Teil der Aufgaben, die im Büro bearbeitet werden, sind via Wettbewerbe entstanden, auch wenn hin und wieder ein Direktauftrag an E2A herangetragen wird. Das Spektrum der Arbeiten ist dadurch sehr breit und reicht von Privathäusern über Wohnhäuser bis zu Kulturbauten.
Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin (Bild: Jan Bitter)
Den eigenen Massstab hinter sich lassen
Als Schweizer Büro, das nur in der Schweiz baut, sei man von einer Kleinteiligkeit umgeben, wie man sie in Europa nicht kenne. Deshalb reizt es E2A, ab und zu den eigenen Massstab hinter sich zu lassen und an Wettbewerben im Ausland teilzunehmen.
In Hamburg – 2012 gewannen E2A den geladenen Wettbewerb für die Planung des Hebebrand-Quartiers (heute heisst das Quartier «Pergolenviertel») – lernen sie nun, sich in einem grossen Kontext zu bewegen: 2000 Wohnungen sollen erstellt werden, und E2A entwickeln einen Masterplan, der auf einem Dialog zwischen den einzelnen Akteuren aufbaut. Damit knüpfen sie an das Thema ihres Studios an der HafenCity Universität an (2009 bis 2011 waren Piet und Wim Eckert dort als Gastprofessuren tätig), dessen Fokus sehr städtisch war. Mit ein Grund für den erfolgreichen Wettbewerbsbeitrag sei wohl, dass man zwei Jahre Zeit gehabt hatte, die Stadt Hamburg kennenzulernen und sie nun mit anderen Augen zu sehen als lokale Architekten mit einer gewissen «Betriebsblindheit». Das Engagement in Deutschland ist für die Gebrüder Eckert und ihr Büro sehr interessant und besteht eigentlich seit dem Wettbewerbsgewinn der Heinrich-Böll-Stiftung 2006 in Berlin.
Eine Realität
Am Beispiel Marina Tiefenbrunnen – ein Wassersportzentrum in Zürichs Seefeld, für das nach langer Projektierungsphase aufgrund «der aktuellen Finanzlage sowie wegen einer Vielzahl anstehender Grossprojekte» (Zitat aus der Medienmitteilung der Stadt Zürich) vorerst keine öffentlichen Gelder zur Verfügung stehen, erklärt Wim Eckert seine und E2A‘s Verständnis von Realität: Man erhalte eine andere Perspektive auf das Geschehen, wenn man eine Realität (er spricht bewusst nicht von der Realität) nicht als Drama oder Niederlage kategorisiere, sondern darin eine Chance erkenne. Es gebe eine Realität, die sei sehr mannigfaltig, und mit der müsse man sich auseinandersetzen. Es sei wichtig für sie als Architekten, diese Grenzen zu haben, um spezifische Lösungen zu finden. Ein Idealzustand sei deshalb gar nicht interessant. Wenn man die Realität ausserdem als Idealzustand ansehe, erhalte man eine andere Vorstellung des Berufsethos.
Marina Tiefenbrunnen, Zürich
Modell der Marina Tiefenbrunnen, Zürich (Bild: Jon Naiman)
So gibt es Projekte, die gar nie realisiert werden, zu denen man aber eine grosse Affinität hat im Büro, denn das Resultat ihrer Leistung manifestiere sich für die Eckerts nicht nur im gebautem Zustand. Sie hätten Freude an Dingen, die einer Jury vielleicht nicht gefallen haben, und diese Sportlichkeit brauche es, wenn man an Wettbewerben teilnehme.
Zu diesen Lieblingsprojekten gehören unter anderem das Zentrum für Gehör und Sprache, Zürich, für das man auch den Wettbewerb gewonnen hat, das Projekt aufgrund von Haushaltskürzungen aber nie so umgesetzt wurde. Trotzdem hat E2A mittlerweile die ganze Gehörlosenschule umgebaut und mitsamt Garten erweitert, eine Arbeit, die sie seit sieben Jahren begleitet. Das Projekt sei nun wie eine Erinnerung an etwas, das hätte sein können. Und auch hier ist die Realität am Ende sehr interessant und angenehm für E2A.
Zentrum für Gehör und Sprache, Zürich (Bild: Radek Brunecky)
Die HafenCity Universität, wo Piet und Wim Eckert unterrichtet haben, gehört auch zu den ungebauten Lieblingsprojekten, und das Modell dazu sei in ihren Augen immer noch eines der schönsten, das sie gefertigt hätten. In Ausstellungen und Publikationen würden sie es deshalb immer wieder zeigen, obwohl die Jury E2A bereits in der Vorrunde ausscheiden liess. Das Risiko, bei Wettbewerben entweder sehr früh rauszufliegen oder ganz lange und bis weit vorne mit dabei zu sein, geht E2A ganz bewusst ein, weil es ein gewisses Mass an Statement brauche in der Architektur, insbesondere bei öffentlichen Aufträgen. Statement sei nicht im Sinne von grossen Gesten gemeint, sondern von inhaltlicher Aussage. Dabei bestehe jedoch das Risiko, dass der eine oder andere in einer Jury mit dieser Aussage nicht einverstanden ist. Als Architekt müsse man schliesslich immer selbst wissen, wo einem das Herz stehe.