Schulhauserweiterung
Gute Architektur muss nicht teuer sein und sie resultiert aus einem Wettbewerb. Die beiden Binsenwahrheiten beweist der 1,15 Mio. Franken teure Anbau an die Primarschule Elsau bei Winterthur. Philipp Brunnschweiler, Mathias Denzler und Oliver Erb setzten sich mit ihrem Erstlingswerk mit einem statischen-ästhetischen Ansatz gegen die Kisten-Konkurrenz durch: Die jungen Winterthurer Architekten kehren die Tragstruktur ihres dreigeschossigen Anbaus nach aussen, knicken die Stahlbetonstützen zur Versteifung des Tragsystems und hängen eine Glaskiste mit den Klassenzimmern in den wabenförmigen Betonrahmen hinein. Leitidee bei der Entwicklung der Fassade war die Curtain Wall. Entsprechend sind Tragstruktur und Glasfassade statisch unabhängige Systeme – doch werden beim Anbau in Elsau die Lasten nicht innerhalb, sondern ausserhalb des Hauses abgeleitet. Der Vorteil? Klassen-, Studien- und Gruppenräume sind – weil stützenlos – bis an die Scheiben hin frei einteilbar. Diese Möglichkeiten der freien Grundrisseinteilung garantieren, dass langfristig und flexibel auf die sich fortlaufend ändernden Ansprüche an Schulhausbauten reagiert werden kann.
Fotos: Christian Schwager
Der in achtmonatiger Bauzeit errichtete Anbau ist über drei Seiten voll
verglast. Das hat den Lehrerinnen und den Lehrern zuerst Bauchweh
verursacht. Doch heute sind sie mit ihren Klassenräumen im Glashaus
zufrieden, denn viel Licht fällt in die gegen Norden und die weite
Landschaft orientierten Räume. Und falls das Treiben auf dem davor
gelegenen Sportplatz die Schüler und Schülerinnen doch zu fest ablenkt
oder die Wintersonne trotzdem blendet, können die Räume mit Vorhängen
verdunkelt werden.
Subtil ist die Aussteifung gelöst. Denn die Stahlbeton-stützen sind
nicht nur in der Vertikalen geknickt, sondern auch – erst beim genauen
Hinsehen sichtbar – in der Horizontalen: Im Erdgeschoss nach innen
gegen den überdachten Pausenplatz, im Dachgeschoss nach aussen gegen
die knapp über die Fassadenebene auskragende Sichtbetonplatte des
Flachdachs hin. Der dominante Stützenvorhang erinnert in seiner
Geometrie an durchlässige Gewebe, was ihm eine gewisse Leichtigkeit
verleiht. Er kann aber auch als rigides Schutznetz für den dahinter
liegenden Glaskörper gelesen werden. Der Bau pendelt zwischen
Durchlässigkeit und Geschlossenheit (vor allem, wenn man von der Seite
her schaut), zwischen Schwere und Leichtigkeit. Das Spiel mit den
Kontrasten und mit der Frage, was ist Ornament und was Struktur, macht
aus einem simplen Anbau ein spannendes Architekturobjekt, das
konzeptionell wie auch in der Ausführungsqualität überzeugt. Das lässt
einem auch darüber hinweg sehen, dass die Architekten für den Anschluss
an das bestehende Schulhaus keine befriedigende Lösung gefunden haben:
Der elegante Stützenvorhang hat keinen Abschluss, sondern läuft einfach
kurz vor der Brandmauer aus. HÖ
Rechts: Die Nüchternheit der Schulräume lässt das Spiel zwischen den geknickten Betonstützen und dem rechtwinkligen Fassadenraster zur Geltung kommen.
Schulhauserweiterung
2003
Elsauerstrasse
Elsau (ZH)
Bauherrschaft
Primarschulgemeinde Elsau
Architektur
Brunnschweiler/Denzler/Erb
Architekten
Winterthur
Bauingenieur
APT Ingenieure
Andreas Lutz
Zürich
Gesamtkosten
(BKP 1–9)
CHF 1,25 Mio.
Baukosten
(BKP 2)
CHF 1,05 Mio.
Auftragsart
Wettbewerb 2001