AGORA Pôle de recherche sur le cancer
Behnisch Architekten haben das AGORA Pôle de recherche sur le cancer in Lausanne fertiggestellt. Stefan Behnisch stellt sich unseren Fragen.
Ort Rue du Bugnon 25A, 1010, Lausanne, Waadt, VD
Auftragsart Wettbewerb
Bauherrschaft Fondation ISREC, Francis-Luc Perret
Architektur Behnisch Architekten, Stuttgart, Deutschland | Projektleiterin: Cornelia Wust | Mitarbeiter: Natasa Bogojevic | Ioana Fagarasan | Michael Innerarity | Matthias Jäger | Heinrich Lipp (WBW) | François Servera | Saori Yamane
Fachplaner Projektsteuerung: Cougar Management, Morges, VD
Landschaft: Oxalis Architectes Paysagistes Associés, Carouge, GE
Tragwerk: ZPF Ingenieure AG, Basel, BS
HLS: AZ Ingénieurs Lausanne SA, Lausanne, VD
Energiekonzept: Transsolar KlimaEngineering, Stuttgart, Deutschland
Tages und Kunstlicht Planung: Bartenbach LichtLabor GmbH, Aldrans, Tirol, Österreich
Fassade: Emmer Pfenninger Partner AG, Münchenstein, BL
Elektro: Bering AG, Bern, BE
Laborplanung: Dr. Heinekamp Labor- und Institutsplanung, Karlsfeld b. München, Deutschland
Bauleitung Totalunternehmer: Steiner SA, Tolochenaz, VD
Finale Ausführungsplanung: Fehlmann Architectes SA, Morges, VD
Jahr der Fertigstellung 2018
Gesamtkosten BKP 1-9 CHF 80 Mio.
Gebäudevolumen 93.000 m3
Massgeblich beteiligte Unternehmer Steiner SA, Tolochenaz,VD
Fotos David Matthiessen
Ein neues Gebäude für die Krebsforschung zu planen ist schon aufgrund des Themas selbst eine interessante Bauaufgabe. Hier handelt es sich um ein Comprehensive Cancer Center for Translational Medical Research für die drei Institutionen EPFL (École Polytechnique Fédérale de Lausanne), UNIL (Université de Lausanne) und CHUV (Centre hospitalier universitaire vaudois), die jeweils massgeblich auf dem Gebiet engagiert sind. Der Auftraggeber, die Stiftung ISREC, hatte den Wettbewerb auf dem Gelände der CHUV in Lausanne ausgeschrieben und das Projekt finanziert.
Grundidee war es, ein hoch kommunikatives Gebäude zu bauen, das den Wissenschaftlern der unterschiedlichen Institute und den behandelnden Ärzten erlaubt, sich unkompliziert auszutauschen und abzustimmen. Der Name des Gebäudes, «AGORA», war Programm. Im Erdgeschoss befindet sich zur Talseite gelegen ein grosser Gemeinschaftsbereich mit Café, Restaurant und Besprechungsbereichen, der allen im Gebäude Beschäftigten, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anderer Institute und des nahegelegenen Krankenhauses ein gemeinsames Forum für Treffen und Besprechungen bietet. Der hier angeordnete Vortragssaal bietet zudem Raum für Konferenzen.
Die Umgebungsbauten sind zumeist Forschungsgebäude und stammen aus den unterschiedlichsten Bauepochen. Sie sind vorwiegend reine Funktionsbauten, die jedoch eine Campus-Atmosphäre schaffen. Jedes Gebäude steht für sich, wobei das Spital der CHUV in unmittelbarer Nachbarschaft die Situation dominiert.
Das Grundstück ist eng, eher in zweiter Reihe gelegen, befindet sich jedoch in spektakulärer Situation an einer Hangkante zum Tal. Es erlaubt fantastische Blickbeziehungen zur Stadt, zum Zentrum, zum See und ins Grüne des gegenüberliegenden Parks. Durch die beengte Situation und das relativ grosse Programm ergab sich ein Baukörper, der sich präzise in die Gegebenheiten einfügt und das Baurecht bestmöglich nutzt. So entstand eine vielschichtige Form mit geneigten Fassaden, die entwickelt wurden im Zusammenhang mit deren Ausrichtung und dem Wunsch nach einem Gebäude, das verantwortungsvoll mit den Ressourcen umgeht. Der Neubau ist von der Strasse aus gesehen kaum erlebbar, jedoch vom Tal, der Altstadt und vom gegenüberliegenden Park aus sehr präsent und weithin erlebbar.
Der aufwändig geplante und berechnete starre Sonnenschutz lenkt das Tageslicht in die Tiefe der Räume, blendet das direkte Sonnenlicht in den warmen Jahreszeiten aus, ermöglicht jedoch in den kalten Monaten die passive Sonnennutzung des Gebäudes. Jedes Element der Gitterstruktur ist teilweise mit lasergeschnittenen Löchern versehen, um den Kontrast zu minimieren und so Blendeffekte zu vermeiden. Diese Sonnenschutz- und Lichtumlenkungsstruktur verleiht dem Gebäude aus der Ferne eine monolithische, körperhafte Erscheinung.
Der Entwurf wurde zwar über einen Designwettbewerb entwickelt, entstand aber durch das offene Verfahren in enger Abstimmung mit den Auslobern und wurde in der weiteren Ausarbeitung gemeinsam mit Bauherrschaft und Wissenschaftlern verfeinert.
Am Gebäude hat sich, abgesehen von den projektüblichen Verfeinerungen, wenig verändert. Details wurden natürlich weiterentwickelt, das Programm detailliert, Themen wie Anlieferung und Anbindung an die Nachbargebäude genau durchdacht. Zusätzlich haben wir dann im laufenden Planungsprozess eine gemeinsame, verbindende Halle zwischen Agora und Nachbargebäude angeordnet. Sie ist leicht gestaltet, mit ETFE-Kissen und Makrolonfassade ausgeführt, und schafft ein Zwischenklima für den Pufferbereich zwischen dem Inneren der Gebäude und dem Aussenraum.
Es ist eher ungewöhnlich für uns, ein solches komplexes, räumliches Fassadengitter einzusetzen anstelle der sonst gängigen beweglichen Lamellen, die aussen montiert sind. Soweit mir bekannt ist, wurden bereits einige Fassaden mit festen Lamellen oder Gittern versehen. Allerdings gibt es nur sehr wenige Gitterstrukturen, die über die Gebäudeoberfläche hinweg angepasst sind, um auf die spezifische Umweltsituation, die Himmelsrichtung und den Standort einzugehen. Dieses von unserem Büro neu entwickelte Sonnenschutzsystem schneidet im Hinblick auf die Lichtoptimierung, energetisch und in punkto Behaglichkeit deutlich besser ab als jeder bewegliche Schutz. Derzeit arbeiten wir an ähnlichen Systemen für andere Projekte wie SEAS für die Harvard University (Allston, Boston, USA) und die adidas ARENA (Herzogenaurach, Deutschland). Ein auf einem ähnlichen Konzept basierendes Lichtoptimierungssystem wurde bereits im Projekt unserer Parkhausanlage Santa Monica (Kalifornien, USA) realisiert.
Es war der Wunsch, ein energetisch fortschrittliches Gebäude zu realisieren. Neben einigen technischen Elementen wie Bauteilaktivierung im Agorageschoss und Deckenstrahlplatten sind insbesondere der starre und tageslichtoptimierte Sonnenschutz wichtige Aspekte. Auch haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Möglichkeit, einen Grossteil des Jahres natürlich zu lüften.
Das Gebäude ist in Ortbeton gefertigt. Dieser ist in weiten Teilen exponiert, dann jedoch farbig behandelt. Besonders hervorzuheben ist der Sonnenschutz, eine Struktur aus Aluminium, die je nach Himmelsrichtung und Neigung auf die besondere Lichtsituation reagiert, indirektes Tageslicht in die Tiefe des Gebäudes reflektiert, jedoch die direkte Sonneneinstrahlung in den Sommermonaten ausblendet.