Kompetenzzentrum Glas Trösch
Kempten, Germany
- Architects
- Becker Architekten Stadtplaner BDA
- Localització
- Kempten, Germany
- Any
- 2008
- Equip
- Michael Becker, Franz Schröck, Bernhard Kast
- Tragwerksplanung
- Böller Bischof PartGmbB
- HLS Projektierung
- IB Stöffel
- BGF
- 757 m2
- BRI
- 3.223 m3
- Preise
- PBB Deutscher Gewerbebaupreis 2011, Baupreis Allgäu 2009 (Anerkennung)
Bauen mit Glas: Das reizvolle Spiel mit dem Licht
Autor: Bruno Lukas, Press’n’Relations GmbH, Ulm
Glas kann Licht durchlassen und reflektieren, kalt und warm wirken, Akzente setzen oder in den Hintergrund treten – der traditionelle und zugleich moderne Werkstoff ist in der Architektur gefragt wie nie zuvor. Mit dem neu eröffneten Interieur-Kompetenzzentrum in Kempten veranschaulicht Glas Trösch auf eindrucksvolle Weise, welchen Beitrag Glas im Innenbereich, aber auch bei der Exterieur-Gestaltung leisten kann. In einzigartigen Showrooms mit ausgewählten Glas-Exponaten lädt Trösch zur Entdeckungsreise ein. Diese beginnt genau genommen bereits vor dem Betreten des Zentrums. Denn der längliche, zweigeschossige Neubau des Kemptener Architekturbüros becker architekten unter der Leitung von Michael Becker ist an sich schon ein exklusives und einzigartiges Glas-Exponat: Mit einer hängenden Ganzglasfassade, begehbaren Glasflächen sowie gläsernen Türen, Brüstungen und Zwischenwänden demonstriert Glas Trösch mit dem Neubau, welche Fülle von Möglichkeiten heute mit dem Werkstoff architektonisch umsetzbar ist. Dabei gehen die Hauptmaterialien Glas und Beton eine enge Symbiose ein. Sie verdeutlichen dem Besucher die Dualität von Glas in allen Abstufungen, in dem sie in unterschiedlichen Materialausprägungen stets im Kontrast zueinander stehen: weich und hart, hell und dunkel, transparent und undurchsichtig, leicht und schwer. Hier die Glastüren, welche die Offenheit und Transparenz der Büroräume betonen, dort die massiven und schweren Betontüren der Treppenhäuser, die für Stabilität und Verlässlichkeit stehen. Zugleich nehmen die Glasflächen das Spiel mit dem Licht auf, erzeugen je nach Tageszeit und Witterung unterschiedlichste Stimmungen, und schenken so dem Gebäude eine lebendige Architektur. Während bei der Betrachtung von Außen tagsüber die Glashaut im Vordergrund steht, verschwindet diese fast bei der nächtlichen Illumination und offenbart so die stilvoll eingerichteten Showrooms und den inneren Massivkern des Gebäudes.
Der Kontrast und die Ambivalenz werden nicht nur durch die Materialien Beton und Glas betont, sondern maßgeblich auch durch die einzigartige Konstruktion, die auf geometrisch einfachen Rechtecks-Formen gründet. Die Bauweise akzentuiert das optische Wechselspiel zusätzlich: Das Gebäude basiert auf einem massiven Betonkern-Fundament und einer Brückenkonstruktion, die von einem vierseitigen Isolierglas-Vorhang und einer gläsernen Decke umhüllt wird. Bei der Stahlbeton-Brückenkonstruktion, die auf einer Länge von 36 Metern frei gespannt ist, ruht das Obergeschoss quasi als geschosshoher Kastenträger auf zwei seitlichen Widerlagern. Somit entsteht im Erdgeschoss ein stützenfreier und flexibler Großraum für die Glasausstellung. Der maximalen Offenheit, die auf der Längsseite gegeben ist, steht ein introvertierter Bürotrakt im Obergeschoss gegenüber. Zwei oberbelichtete Grünhöfe strukturieren die Büroräume und stoßen bis ins Erdgeschoss durch, so dass sich spannende räumliche Verschränkungen ergeben und für eine differenzierte Tageslichtführung sorgen.
Insgesamt erzeugt der bewusst eingesetzte Kontrast von transparenten Glasflächen und massiven Betongefäßen eine heitere Gebäudeatmosphäre. Lediglich weiche Schallschutz-Filzlamellen an den Rohbetondecken und eigens maßgeschneiderte Einbaumöbel aus schwarz eingefärbtem MDF stellen eine Ergänzung im kargen Materialkanon dar. Dieser wird auch über die Freianlagen nach außen transportiert - der inmitten einer Kiesfläche platzierte Baukörper wird zur Straße hin von Laubbäumen gesäumt.
Eines der architektonischen Highlights des Gebäudes ist die an Metallgalgen hängende Isolierglasfassade, die vertikal gleiten kann und die auf dem Flachdach auftretenden Lasten – zum Beispiel Schneelasten – durch eine Senkbewegung abtragen kann. Die Metallgalgen selbst stützen sich am rechteckigen Betonkörper ab, der von der Fassade umhüllt wird. Ein Blickfang sind auch die 80 Quadratmeter begehbare Fläche aus Sicherheitsglas entlang der Fassade – sie beweisen eindrucksvoll, dass Glas nicht so fragil ist, wie oft angenommen wird. Unter dem begehbaren Glas liegt eine Schicht aus Naturkieseln, womit die Innenräume im Erdgeschoss komplett „im Kies“ stehen. Die Konstruktion vermittelt einen einzigartigen Raumeindruck, der die Grenzen zwischen Interieur und Exterieur verwischen lässt. Die Architektur verdeutlicht dem Besucher hier einmal mehr die Dualität und Ambivalenz von Glas – das immer wiederkehrende Motiv dieses außergewöhnlichen, begehbaren „Exponats“.
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