Zwischen Hoffnung und Sorgen

Manuel Pestalozzi, Elias Baumgarten
29. d’abril 2020
Foto: Pixabay via Pexels

In Deutschland, Österreich und bei uns in der Schweiz wurden erste Lockerungen der Massnahmen gegen die rapide Verbreitung des neuen Coronavirus beschlossen. Jedes Land wählt dabei seinen eigenen Weg und seine eigene Geschwindigkeit, am weitesten vor wagt sich aktuell Österreich. Der Druck, weitere Lockerungen vorzunehmen, steigt indes allerorten. Die anfangs überwältigende Unterstützung hat erste Risse bekommen. Denn während die epidemiologische Lage sich wenigstens für den Moment stabilisiert und mancherorts gar etwas entspannt hat, wachsen die Sorgen um die wirtschaftliche Zukunft weiter. Viele scheinen sich nun gewahr zu werden, dass ihr Arbeitsplatz und ihr Auskommen in Gefahr sein könnten. Doch wie ist die Situation für Architekt*innen? Wie bewerten sie die aktuelle Lage und mit welchen Entwicklungen rechnen sie für die Zukunft? Sprechen wir dieser Tage mit Schweizer Kolleg*innen, zeigen diese sich meistens vergleichsweise optimistisch. Selbiges gilt von Gestalter*innen aus Deutschland und Österreich. Die meisten sind mit Hochdruck und ungebrochenem Elan an der Arbeit. Probleme scheint vor allem die Anpassung an das Home-Office zu bereiten, gerade bei grösseren Teams.

Deutschland: zurückgestellte Aufträge, unterbesetzte Verwaltung, schlechte Zahlungsmoral

Natürlich ist ein Nachfragen im Bekanntenkreis allerdings noch nicht allzu repräsentativ. In der Bundesrepublik wurde Mitte des Monats eine Umfrage unter 6'000 Architekt*innen durchgeführt. Die Ergebnisse sind interessant. Demnach spüren 30 Prozent der Büroinhaber*innen deutlich, 51 Prozent leicht negative Auswirkungen der Krise. 19 Prozent hingegen stellen bislang keine Verschlechterung ihrer Situation fest. Überdurchschnittlich stark betroffen sind Büros für Innenarchitektur, aber auch grössere Firmen und solche mit vornehmlich privaten oder gewerblichen Auftraggebern. Doch was wird von den deutschen Kolleg*innen genau beklagt? Zu den häufigsten Negativfolgen zählen – wie auch in anderen Wirtschaftsbereichen – abgesagte beziehungsweise zurückgestellte Aufträge (52 Prozent), hinzu kommen verlangsamte Genehmigungsprozesse durch eine unterbesetzte öffentliche Verwaltung (41) sowie Verzögerungen auf der Baustelle durch Lieferprobleme (34). Auch Personalverknappung bei den ausführenden Unternehmen (34) oder Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Hygienevorschriften auf der Baustelle (24) werden oft beklagt. Klar zeigt sich, dass private oder gewerbliche Bauherren häufiger Aufträge zurückziehen oder aufschieben als öffentliche. Auch leisten sie Zahlungen öfter nicht. Jedoch kommt es auch seitens der öffentlichen Hand zu verzögerten Zahlungen, weil die Verwaltungen unterbesetzt sind.

Abwarten

Und wie sieht die mittelfristige Zukunftsperspektive aus? 24 Prozent der befragten Büroinhaber*innen rechnen in den kommende drei Monaten mit einer deutlichen, 51 mit einer leichten Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage. Kleinere Büros erwarten insgesamt seltener negative Entwicklungen als grössere. 

Gewiss sind all diese Ergebnisse als Momentaufnahmen zu verstehen. Die Unsicherheit ist derzeit gross, Prognosen verkommen rasch zur Spekulation. Die Auswirkungen der Krise auf die Bauwirtschaft lassen sich wohl erst später belastbar beurteilen als in anderen Branchen. Falls sich die Situation zu einer veritablen Wirtschaftskrise auswächst, werden sich die Folgen für Architekt*innen erst mit einem gewissen Zeitversatz zeigen. Möchte man die Lage optimistischer beurteilen, bleibt zu hoffen, dass die Pandemie einen kreativen Schub auslöst, der sich später auch wirtschaftlich positiv auswirkt. Spannend wird dabei in nächster Zeit vielleicht der Blick nach Italien sein, wo die Ausbreitung des Virus die Kreativität vieler Gestalter*innen beflügelt hat. Auch darf man hoffen, dass derzeit Nachholbedürfnisse entstehen, die nach dem Shutdown zügig befriedigt werden.

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