Libeskind in Lüneburg
Carsten Sauerbrei
22. de març 2017
Die Aussenansicht des Neubaus zeigt einen Libeskind-typischen, zinkverkleideten, dekonstruktivistischen Gebäudekomplex. Bild: Leuphana Universität
Letzte Woche wurde Daniel Libeskinds Lüneburger Universitätsneubau zehn Jahre nach Vorstellung der Pläne eingeweiht. Dessen öffentlichkeitswirksame Architektur präsentiert sich dekonstruktivistisch-bedeutungsschwer.
Schon Libeskinds erstes Projekt, das ihm weltweite Aufmerksamkeit brachte, das Jüdische Museum in Berlin hatte sie: Die mit historischen Bezügen aufgeladene, jeden rechten Winkel vermeidende Formensprache, die auch den Lüneburger Neubau auszeichnet. Damals, 2001 war es die Lebens- und Leidensgeschichte der Berliner Juden, die Libeskind in Architektur übersetzte. Diesmal, fast 16 Jahre später, soll das neue Gebäude der Strenge der benachbarten Kasernenbauten aus der NS-Zeit, die bisher den Universitätscampus bildeten, etwas Konventionensprengendes entgegen setzen. Konventionen sprengte das Bauvorhaben jedoch zunächst mit der Direktvergabe des Auftrags, was durch Libeskinds Architekturprofessur an der Leuphana ermöglicht wurde, und durch die spätere Verdopplung der Baukosten auf circa 100 Millionen Euro für gerade einmal 13’000 Quadratmeter Nutzfläche.
Der Neubau, hier im Bild mit Auditorium sowie Seminarzentrum mit Haupteingang, soll die strenge Formensprache der benachbarten, einstigen Wehrmachtskasernen aufbrechen. Bild: Leuphana Universität
Die Architektur wirkt vermutlich nur auf Laien unkonventionell, zitiert Libeskind sich doch wieder einmal selbst. Der neue Gebäudekomplex mit dem Namen «Zentralgebäude» fasst vier verschiedene Bauteile zu einer Grossstruktur zusammen – ein siebengeschossiges Forschungs-, das zweigeschossige Studenten- und das dreigeschossige Seminarzentrum sowie das 1100 Personen fassende «Libeskind-Auditorium». Jedem Bauteil gab Libeskind eine individuelle Gestaltung – dem Auditorium mit einem sanft konvex gewölbten Dach, dem Forschungszentrum mit schräg abfallenden Aussenwänden und horizontalen Fensterbändern, dem Studentenzentrum mit unregelmässig polygonalen Fensterformen sowie dem Seminarzentrum, dem Hautpeingang, mit einer dramatisch schräg als Vordach auskragenden Decke.
An das siebengeschossige Forschungszentrum schliesst sich das zweigeschossige Studentenzentrum an. Bild: Leuphana Universität
Funktionale Qualitäten besitzt der Neubau durchaus, glaubt man Till Briegleb, der in der Süddeutschen Zeitung seinen Eindruck eines Baus beschrieb, in dem «Lernen echt Spass machen» könne. Zunächst protestierte der Alfemeine Studierendenausschuss (AStA) der Universität jedoch anlässlich der Einweihung und Geldverschwendung für das «Prestige- und Marketingobjekt». Ob sich die Investition gelohnt hat, bleibt weiterhin umstritten. Grosse Aufmerksamkeit und deutschlandweites Medienecho bekam die Universität durch den im Inneren auch durchaus gelungenen Neubau auf jeden Fall, wie auch dieses Video des NDR dokumentiert.