Gebaute Hoffnung
Manuel Pestalozzi
7. de novembre 2016
Bilder: Hoffnungsträger
Er reisst nicht ab, der Strom guter Ideen zur Beherbergung von bedürftigen Zuwanderern. Von der Architektur versprechen sich manche Wunder – wer da keine Hoffnung schöpft, ist selbst schuld.
Die Hoffnungsträger – das ist eine 2013 gegründete Stiftung mit Sitz im deutschen Leonberg. Sie will Menschen zur Seite stehen, die auf der Suche nach Schutz und einem würdevollen Leben sind. Zu ihren Aktivitäten gehört die Integration von Flüchtlingen in Deutschland. Für diesen Schritt hat sie gemeinsam mit dem Städtebauinstitut der Universität Stuttgart und dem Stuttgarter Architekturbüro andOFFICE so genannte Hoffnungshäuser entworfen. Diese seien nicht nur eine neuartige Integrationslösung sondern auch eine Besonderheit, was Nachhaltigkeit und Design angehe, teilt die Stiftung mit.
Die Hoffnungshäuser sind im Wesentlichen bis zu dreigeschossige Holzmodulbauten, die sich durch organisch geschwungene Balkone, abgerundete Gebäudeecken und vertikale Lattenverkleidungen auszeichnen. Eigentlich handelt es sich, nach den verfügbaren Plänen zu schliessen, um relativ konventionelle Ein- oder Zweispänner-Mehrfamilienhäuser ohne Lift, deren Wohneinheiten über einen Mittelkorridor erschlossen sind. Das Baukastenprinzip soll es erlauben, dass jedes Haus optimal dem jeweiligen Standort angepasst werden kann. Für die Bauzeit der Häuser veranschlagt die Stiftung drei Monate. Bis zu 50 Häuser dieser Art seien in Deutschland geplant. Dass sie den höchsten Ansprüchen an Ökologie und Nachhaltigkeit genügen, versteht sich von selbst.
Die Integration soll dadurch gefördert werden, dass einige Wohneinheiten auch an ansässige Familien vermietet werden. Für das «Durchmischen» sind keine speziellen, neuartigen Räumlichkeiten eingeplant, es wird vermutlich erwartet, dass man sich gegenseitig in die geräumigen Wohnküchen einlädt. Deshalb ist die Frage offen, wodurch sich in diesen Bauten die Hoffnung Ausdruck verschafft. Den gefälligen, minimalistischen Strukturen ist es anzurechnen, dass sie ihre von Idealismus getragene Funktion nicht allzu plakativ in die Gegend posaunen, allerdings kann man in ihnen auch keine Ansätze zu einem neuen Gesellschaftsentwurf erkennen. Deshalb steht die Frage im Raum, ob es sie überhaupt braucht und in diesem Bereich eine offene Marktlücke besteht.
Swiss Architects hat sich dieses Jahr bereits einmal in einem Artikel ausführlich über mögliche Zusammenhänge zwischen der aktuellen Zuwanderung Bedürftiger und der Architektur geäussert. In den Hoffnungshäusern sieht man diesbezüglich keine neuen Impulse. Der Initiative ist dennoch Respekt zu zollen: In Leonberg fand kürzlich der Bezug eines ersten Hoffnungshauses statt. Es wurde allerdings nicht mit dem Baukastensystem realisiert. Nach diesem sind zwei Projekte in Esslingen, wie Leonberg eine Kleinstadt nahe Stuttgart, projektiert. Die Frage des Standorts und der Einbettung ins Siedlungsgefüge ist auch dort wohl spannender als die Kommentierung des Bausystems.