Lernen von Brasilien
Jenny Keller
20. d’abril 2016
Architektur: studio mk27, Marcio Kogan und Carolina Castroviejo. Bild: Pedro Vannucchi
In Sachen Willkür in der Politik ist Brasilien kein Vorbild, aber architektonisch lohnt sich der Blick über den atlantischen Ozean immer mal wieder.
Studio MK27, gegründet von Marcio Kogan, hat 2014 Zuhause in São Paulo einen Wohnturm erstellt, der Vorbildcharakter hat. Das auch, weil der Immobilienentwickler dahinter, Alexandre Frankel, nach intelligenten Lösungen sucht, wie man in der 20-Millionen-Stadt, die im Verkehr und im Lärm ertrinkt, lebenswert wohnen kann.
Architektur: studio mk27, Marcio Kogan und Carolina Castroviejo Bild: Pedro Vannucchi
Um dem Verkehrsproblem zu entgehen – teilweise soll man bis zu fünf Stunden pro Tag im Stau stehen –, muss man die Menschen nahe zu den Dingen bringen, die sie brauchen, wird Alexandre Frankel auf iconeye.com zitiert. Weil diese bevorzugten Lagen aber teuer sind, suchte er nach einem effizienteren Weg zu wohnen, in seinen Worten durch «kleinere Räume mit grösserer Intelligenz». Flexible Grundrisse, die sich leicht anpassen lassen, Co-Working-Räume, Velo- und Auto-Verleih, Putzhilfen, die man sich teilt, und gemeinschaftliche Zonen und Gärten, die man für private Feste mieten kann, gehören für Alexandre Frankel zu einer Wohnimmobilie also dazu. Er suchte einen Architekten, der diese Philosophie teilt, und sie in Architektur umsetzen kann, die sich von den Betontürmen unterscheidet, die die Stadt überwuchern.
Marcio Kogan freut sich laut icon darüber, dass sich der Immobilienmarkt durch mündige Bürger, die sich nicht mehr alles verkaufen lassen, wandelt. Er und sein Studio MK27 bauten für Frankel den «Vertical Itaim», ein Hochhaus, dessen Betonstruktur durch Holzläden, die den traditionellen Holzgittern in der islamischen Architektur entlehnt sind, charakterisiert und belebt wird. Die Bewohner verändern damit das Licht und die Temperatur ihrer Wohnung, und in der Nacht sticht das Hochhaus aus der Stadtsilhuette heraus, indem es «wie eine japanische Leuchte» erscheint.
Kogan beschreitet nicht nur in der Architektur andere Wege, auch seine Website strahlt diesen Spirit aus: Zurzeit sind es gifs, animierte Fotos also, die insbesondere den «Vertical Itaim» bestens in Szene setzen.