Ein Haus als Erinnerungsspeicher
Leuthold von Meiss Architekten haben letztes Jahr ein bestehendes Gebäude in Wernetshausen im Zürcher Oberland zum Wohn- und Atelierhaus umgebaut. Nicole Leuthold und Irène von Meiss stellen sich unseren fünf Fragen.
Ort Spiegelberg, 8340, Wernetshausen, ZH
Auftragsart Studienauftrag auf Einladung
Bauherrschaft Privat
Architektur Leuthold von Meiss Architekten ETH SIA, Zürich ZH |
Nicole Leuthold, Irène von Meiss, Margit Pschorn
Fachplaner Bauingenieur: Schnetzer Puskas Ingenieure AG, Zürich ZH | Bauphysik: Bauphysik Meier AG, Dällikon ZH | Heizung und Sanitär: Besmer AG, Wald ZH
Jahr der Fertigstellung 2018
Kunst am Bau Autor Patricia Bucher, Zürich ZH
Kunst am Bau Kurzbeschrieb «Ein Vierbein-Ofen, ein Blitz, zwei Tiere mit Kratzhaaren und ein Zickzack»
Massgeblich beteiligte Unternehmer Baumeister: Stalder AG, Wald ZH |
Holzbau: Bosshard Holzbau, Wernetshausen ZH | Malerarbeiten: Orani Malersysteme AG, Volketswil ZH | Fensterbau: Haupt AG, Russwil LU | Gipser- Lehmputzarbeiten: Fläche und Form, Grabs SG, Max Schweizer AG, Zürich ZH | Metallbau- und Schreinerarbeiten: Stahl und Traum AG, Zürich ZH
Fotos Matthias Brücke
Das im Jahre 1777 erbaute Haus am Spiegelberg wurde bereits mehrmals umgebaut und umgenutzt und zeigt seine Baugeschichte sichtbar. Es hat über die Jahre unterschiedliche Bewohner*innen und Nutzungen beherbergt, die alle ihre baulichen Spuren hinterlassen haben. Mit der Aufgabe, den Spiegelberg zu einem Wohn- und Atelierhaus für mehrere Parteien umzubauen, soll der Geschichte des Hauses ein weiteres Kapitel hinzugefügt werden.
Vorhandenes Material und hinterlassene Spuren wurden zunächst «archäologisch» gesammelt. Die baulichen Zeitzeugen sollten Bestandteil des neuen Entwurfs werden. Geschichten und Erinnerungen wurden erforscht und bildeten die Grundlage für die neuen Interventionen. Durch Überlagerungen, Ergänzungen oder Umdeutungen des Vorgefundenen entstand eine mehrdeutige und verdichtete Collage mit zahlreichen Narben.
Der Wunsch der Bauherrschaft, das Haus gemeinsam mit mehreren Parteien als zeitweiliger Wohn- und Arbeitsort zu nutzen, war für den Entwurf von Anfang an bestimmend. Es war wichtig, unterschiedliche Gemeinschaftsräume zu schaffen. Sie bilden geschossübergreifend eine zusammenhängende, vertikale Raumfolge. Durchbrüche lassen dabei neue Blickbeziehungen entstehen und schaffen eine räumliche Grosszügigkeit. Ausserdem können Einbauten wie das ausziehbare Gästezimmer unter dem Dach oder das raumtrennende Spiegelkabinett im Bad jeweils auf eine unterschiedliche Anzahl von Bewohner*innen reagieren.
Der Umbau am Spiegelberg knüpft in vielerlei Hinsicht bei Themen an, die uns bei unseren bisherigen Entwürfen beschäftigt haben. Das Interesse für die räumliche und atmosphärische Transformation von Orten ist in unserer Arbeit zentral. Dabei geht es uns darum, das Verhältnis von Bewahren und Verändern fein auszutarieren, um ein neues einheitliches Werk zu schaffen. Auch das Thema der inneren Verdichtung und der Suche nach nutzbaren Raumreserven innerhalb einer gegebenen Hülle beschäftigt uns immer wieder.
Die am Spiegelberg vorgefundenen Materialien waren alle natürlich und ökologisch nachhaltig. Diese Kriterien waren ausschlaggebend für die Auswahl der ergänzenden Materialpalette. Im Dachraum wurden Wände und Decken zum Beispiel mit lehmverputzen Schilflehmmatten verkleidet. Im Badezimmer sind die Wände mit Tadelakt verputzt, die übrigen Wände mit einem Kalkputz. Als Bodenbelag wurde neu einerseits ein Lehmkaseinboden, andererseits ein geschliffener Hartbeton eingebaut. Diese natürlichen Oberflächen tragen – neben einer guten Ökobilanz – alle zu einem angenehmen Raumklima bei.