Zwicky Süd
Das Industrieareal als Inspiration
28. julho 2016
Schneider Studer Primas haben kürzlich eine Wohnsiedlung in Dübendorf fertiggestellt. Franziska Schneider, Jens Studer und Urs Primas stellen sich unseren Fragen.
Gasse mit Scheibe, Halle und Blockgebäude (Teilbereich Kraftwerk1)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Eine aussergewöhnliche Konstellation von Auftraggebern und ein fesselnder, von schroffen Gegensätzen geprägter Ort machten diese Aufgabe sehr besonders.
Balkonbrücke (ehemalige Fussgängerpasserelle vom Escherwyssplatz)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Zwicky Süd liegt in einer über lange Zeit im Windschatten der Verkehrsplanung herangewachsenen Agglomerationslandschaft. Im Moment entwickeln sich hier in raschem Tempo dicht genutzte Stadtteile. Mit einer hohen räumlichen und sozialen Dichte will das Projekt zu dieser Stadtwerdung beitragen. Der Zusammenfluss von Chriesbach und Glatt, das bestehende Industrieareal mit seinen Gassen und Plätzen und das sich in eleganten Schwüngen verzweigende Bahnviadukt verkörpern unterschiedliche, historische Schichten, unterschiedliche Geschwindigkeiten des städtischen Lebens und unterschiedliche Möglichkeiten der Vernetzung. Sie prägten den Entwurf der städtebaulichen Setzung und die Wegführung.
Ansicht Süd vom Chriesbach (Teilbereich Swisslife und Pensimo)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?
Wesentliche Ideen sind der engagierten Zusammenarbeit mit den Bauherrschaften und mit dem Totalunternehmer Senn zu verdanken. In diesem Prozess wurden die im Programm und im Wettbewerbsprojekt formulierten Leitplanken ständig weiterentwickelt, hinterfragt und räumlich konkretisiert. Neue Ideen kamen hinzu, andere mussten aufgegeben werden, wieder andere liessen sich in abgewandelter Form schliesslich doch verwirklichen. So fand die Genossenschaft Kraftwerk1 heraus, dass bei einem Abbruchunternehmer ausrangierte Brückenprovisorien günstig zu haben waren und rettete damit die aus Kostengründen schon fast begrabene Idee, einige Häuser mit «hängenden Gärten» zu verbinden. Die Umsetzung gelang jedoch nur, weil sich auch Senn von unserer Begeisterung anstecken liess und die Brückenprovisorien trotz beträchtlicher technischer und logistischer Schwierigkeiten erfolgreich montierte.
Innenhof / Treppenhaus Blockbegäude (Pensimo)
Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?
Die Kombination von drei komplementären, aber grundsätzlich nutzungsneutralen Gebäudetypen wurde ursprünglich für eine Mischnutzung mit wesentlich grösserem Gewerbeanteil entwickelt. Obschon schliesslich mehr als vier fünftel der Fläche dem Wohnen dient, blieb diese Strategie in der Weiterentwicklung des Projektes tragfähig. In den fetten, introvertierten Blocks und in den schlanken, lichtdurchfluteten Scheiben liess sich eine reiche Vielfalt an unterschiedlichen Wohnkonzepten unterbringen. Der dritte Bautyp, die Hallen, hat durch die Nutzungsverschiebung hin zu mehr Wohnen ein wenig an Bedeutung eingebüsst. Nach wie vor prägt die niedrige Traufhöhe dieser Flachbauten aber die Gassen- und Platzräume. Eine Halle ist über zwei Geschosse mit Ateliers und Gewerberäumen gefüllt, eine andere enthält schmale, reihenhausartige Loftwohnungen, eine dritte dient nun als Velogarage. Aufgrund der komplexen Lärmsituation musste der erste Entwurf auch in Bezug auf die Anordnung der Baukörper überarbeitet werden. Auch hier hat sich aber die im Wettbewerb formulierte, grundsätzliche Stossrichtung bewährt: Scheiben schützen Blocks vor dem Lärm, die Hallenwohnungen werden über Dachpatios gelüftet.
Durchgesteckte Wohnung im Blockgebäude (Teilbereich Kraftwerk1)
Laubengangwohnung (Teilbereich Kraftwerk1)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?
Das Projekt wurde von aktuellen Diskussionen über die gesellschaftlichen Aspekte der Nachhaltigkeit beeinflusst. Die von Senn in Zusammenarbeit mit Wüest & Partner initiierte Projektentwicklung zielte von Anfang an nicht auf eine Monokultur ab, sondern setzte auf eine dichte Kombination diverser Lebensweisen und Programme. Im realisierten Projekt bieten die Genossenschaft Kraftwerk1, die Anlagestiftungen Adimora, Turidomus und Swisslife Wohnungen und Gewerberäume in ganz unterschiedlichen Preiskategorien und Formaten an, vom winzigen pied-à-terre für globale Nomaden bis zur Grosswohngemeinschaft für 14 Personen. Die programmatische Vielfalt differenziert sich weiter über diverse Drittnutzer und Untermieter. So sind im preisgünstigen Block der Anlagestiftung Adimora Studentenwohnungen der Woko eingemietet und die Stiftung Altried betreibt in Räumen der Genossenschaft Kraftwerk1 ein Bistro und ein kleines Hotel. Im genossenschaftlichen Teil des Projektes konnten zudem die zukünftigen Mieterinnen und Mieter von Anfang an auf die Projektentwicklung Einfluss nehmen.
Reihenhaus mit Innenhof (Teilbereich Swisslife)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Die mit Maschendraht bespannten Rohrstrukturen bilden nicht allein eine kosten- und materialsparende Lösung für die Geländer der Balkone und Laubengänge, sondern eignen sich auch als Tragstruktur für Kletterpflanzen oder für eigenmächtige Modifikationen der Fassadengestaltung durch die Bewohnerinnen und Bewohner. In diesem Sinn versinnbildlichen sie den permanent unfertigen Charakter einer Anlage, die über die Jahre in Besitz genommen werden und verändert werden will.
Situation Erdgeschoss (Gesamtplan Zwickyareal Zanoni Architekten)
Perspektive Ansicht Ost
Längsschnitt
Grundriss 5. Obergeschoss
Wohnungsgrundrisse
Zwicky Süd
2016
Dübendorf ZH
Auftragsart
Wettbewerb
Bauherrschaft
Bau- und Wohngenossenschaft Kraftwerk1, Pensimo Management AG, Swisslife AG
Totalunternehmung/Bauleitung
Senn, SG
Architektur
Schneider Studer Primas Architekten GmbH, Zürich
Projektleiter: Ivo Hasler
Projektleiter Stv.: Elisabeth Zissis
beteiligte MitarbeiterInnen: Francisco Amado, Martin Arnold, Sarah Birchler, Aline Brun, Savvas Ciriacidis, Nuno Correia, Ladina Esslinger, Dominik Joho, Marco Kistler, Amadeo Linke, Liliana Miguel, Laurent Nicolet, Zlatina Paneva, Lukasz Pawlicki, Marina Peneva, Shohre Shafie, Valentina Sieber, Matthew
Tovstiga, Thai Tran, Felipe Valadares
Fachplaner
Landschaftsarchitekt: Lorenz Eugster Landschaftsarchitektur und Städtebau GmbH
Bauingenieur: Schällibaum AG, Ingenieure und Architekten, Herisau
Bauingenieur Vorprojekt: Conzett Bronzini Gartmann, Chur
HLSE: Amstein + Walthert AG, St.Gallen/Zürich
Kälteplanung ZwiBack: Rohr-KälteConsulting, Watt
Bauphysik: Kopitsis Bauphysik AG, Wohlen, Ernst Basler + Partner, Zürich (Lärmschutz)
Akustik ZwiBack: Grolimund + Partner AG, Aarau
Fassadenplanung: Atelier P3, Zürich, Fiorio Fassadentechnik GmbH, Zuzwil
Gastroplanung ZwiBack: planbar ag, Zürich
Gesamtkosten
CHF 131 Mio.
Gebäudekosten
CHF 105 Mio.
Kunst am Bau
Gabi Deutsch, Zürich
Gestaltung Bodenbelag Eingangshallen
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Baugrubenaushub: Eberhard AG, Kloten
Baumeister: Emch AG, Winterthur
Elemente aus Beton: (Fassade), Peter Bausysteme AG, Brenden
Montagebau in Stahl: (Balkonturm H3/5), Baltensperger AG, Höri
Schutzraumbauteile: Lunor G.Kull AG, Zürich
Äussere Bekleidung: (Rostfassade H4), Ammann & Thürlemann, Zuzwil
Fenster Holz Metall: G. Baumgartner AG, Hagendorn, Cham
Fenster in Kunststoff: BL Fenster AG, Veltheim
Fenster & Türen aus Metall: Ernst Schweizer AG, Hedingen
Tore TG und Brandschutztore: TS TOR & SERVICE AG, Moulen
Flachdach, Spengler: Canaj Bauabdichtungen AG, Rümlang
Glaseinbauten in Flachdächer: JET Tageslichttechnik AG, Walzenhausen
Spezielle Dämmungen: Zuberi Isolationen+Montage, Volketswil
Sonnenschutz: Schenker Storen, Schlieren
Elektroanlagen: Burkhalter Technics AG, Zürich
Apparate Starkstrom: Alpiq InTec Ost AG, St. Gallen
Heizungsanlagen: Steger AG, Aadorf
Lüftungsanlagen: Kämpfer AG, Othmarsingen
Sanitärinstallationen: Steger AG, Aadorf
Kücheneinrichtung: AFP Küchen AG, Zürich ZH / St. Gallen
Aufzüge: Lift AG, Regensdorf
Verputzarbeiten: Alpha Verputztechnik AG, Rümlang
Allg. Metallbauarbeiten: (Innen- und franz.Geländer, Lärmschutzvergl), Bücheler, Amriswil
Allg. Metallbauarbeiten: (Geländer/ Rankgerüste) Oppikofer AG, Frauenfeld
Innentüren aus Holz: ZARGAG Zargen und Türen AG, St. Gallen
Brandschutzverglasungen aus Holz: von Büren Sommer, Berg
Vorhangschienen: CASAREX TRADING GMBH, Bäretswil
Unterlagsboden: Marcel Müller AG, Will
Plattenarbeiten: Kerastone-Platten AG, Flawil
Malerarbeiten: Malergeschäft Sejdi GmbH, Winterthur
Fotos
Andrea Helbling / arazebra, Zürich