Wohnüberbauung Paul Clairmont-Strasse
14. 6月 2006
Das in der üblichen Juryprosa ausgedrückte Lob stellte im November 2000 fest: «Gelungen ist den Verfassern die Übertragung von Patios auf den Geschosswohnungsbau mit konventionell, aber sorgfältig organisierten Wohnungen.» Zwei Dinge sind also betrachtenswert: Die Aussenräume und der Wohnungsgrundriss.
Hier geht es um Mietwohnungsbau, um das Zürcher Programm 10 000 Wohnungen in 10 Jahren, sprich um einen Beitrag an die Verbesserung des Steuersubstrats. Darum tönt Patio zwar gut, doch Balkon ist genauer. Man ist Zeuge der Erfindung des Wohnungsgrundrisses aus dem Geiste des Balkons.
Die Balkone bilden eine vorgesetze Raumschicht auf Stützen. Foto: Roger Frei
Paul Clairmont-Strasse
2003–2006
Birmersdorferstrasse 467
8063 Zürich
Bauherrschaft
Baugenossenschaft Rotach
Zürich
Architekten
Gmür & Steib Architekten
Zürich
Nicole Deiss
Barbara Ruppeiner
Michael Gschwentner
Auftragsart
Projektwettbewerb
auf Einladung 2000
Anlagekosten
(BKP 1–9)
CHF 29,5 Mio.
Was braucht es, fragten sich zu Beginn die Architekten. Sie haben auf
einem leeren Parkplatz Balkon gespielt und abgemessen. Sie sind auf
rund 24 m2 Nutzfläche gekommen. Der brauchbare Balkon erfordert eine
genügende Tiefe (3,80 m), was zu einer übermässigen Beschattung der
dahinter liegenden Räume führt.
Allerdings: Setzt man nur vor jedes
zweite Geschoss einen Balkon ein, so ist genug Licht da. Das führte zur
Versetzung in der Fassade. Die Folge: Der Balkon wird in zwei Zonen
geteilt, in eine eingeschossige geschützte Nische und in eine
zweigeschossige Halle mit Aussichtsrahmen. Betrachtet man den
Wohnungsbau der letzten dreissig Jahre, so ist eine Entwicklung
überdeutlich: Der private Aussenraum wuchs ständig und gewann markant
an Bedeutung. Dieser neue Balkontyp ist eine echte Erfindung, die diese
Entwicklung qualitativ einen markanten Schritt weiterbringt: Der Balkon
wird zum doppelhohen Aussenzimmer.
Foto: Roger Frei
Das Aussenzimmer hat zwei Raumhöhen: eine geschützte, geschosshohe Nische und die zweigeschossige Halle. Foto: Roger Frei
Der Grundriss leitet sich davon ab. Grosse Haustiefen sind ökonomisch,
Schottenwände ebenso, immer gleiche Küchen helfen sparen, die
Sanitäranlagen liegen an den Schotten, die Geschäftsbedingungen sind
bekannt und können nicht umgestossen werden. Entstanden sind
«konventionelle, aber sorgfältig organisierte Wohnungen». Konventionell
ist die Trennung in eine Tag- und eine Nachtzone, sind die vier
Schichten, die hintereinander liegen: Balkon-, Wohn-, Service- und
Zimmerschicht. Sieht man genau hin, kommt man der Raffinesse auf die
Spur. Überraschenderweise liegt der Wohnraum längs zur Fassade, er ist
ganze drei Zimmerbreiten lang. Das führt zu einer
Viereinhalbzimmer-Wohnung mit 115 m2 bei einer Gebäudetiefe von 13
Metern (CHF 2400.–/Monat). Derselbe Schottenabstand erlaubt aber auch
eine Fünfeinhalbzimmer-Wohnung mit 135 m2 (CHF 2720.–/Monat). Zwei
Zimmer werden ausgestülpt und vor die Fassade gesetzt, was eine
Bautiefe von 16 Metern ergibt. Bei den beiden anderen Zimmern führt das
zu einem Winkelgrundriss, der auf dem Papier zum Räuspern Anlass gibt,
beim Besuch aber überzeugt, denn die Räume sind gross genug (15,3 m).
Eine Folge dieser Ausstülpung ist die Breite des Querkorridors von 2,12
Meter, was in der kleinern der Wohnungen Doppeltüren ergibt.
Wohnungsbau ist meist Krämerarbeit, doch hier waren für einmal
Grosskaufleute am Werk. LR