Umbau Shop-Ville
21. juin 2006
«Es ist im Grunde einfach ein flacher Kasten aus armiertem Beton von rund 120 Metern Länge, gegen 40 Metern Breite und einer Raumhöhe von 2,8 Metern und lässt sich anschaulich mit einer Handschuhschachtel vergleichen», so stellte die Neue Zürcher Zeitung Mitte der Sechzigerjahre ihren Lesern das Bauwerk vor, das damals gerade unter dem Zürcher Bahnhofplatz entstand. Am 1. Oktober 1970 begannen die Rolltreppen zu laufen und fortan führten alle Wege vom Bahnhof in die Innenstadt durch die von der Mietervereinigung <Shop-Ville> getaufte Passage. Zwischen der Perronhalle und der Bahnhofstrasse pulsierten die Passanten durch ein h-förmiges Wegnetz im Untergrund. Mit dem Umbau des Hauptbahnhofs erhielt die Bahnhofpassage 1990 Verbindungen in den unterirdischen S-Bahnhof und ein Geschoss tiefer fand an Stelle der gescheiterten U-Bahn die Sihltal-Zürich-Uetlibergbahn SZU ihre Endstation. Unter dem Bahnhofplatz formierten sich die Passantenströme neu und auch auf dem Platz boten sich neue Fussgängerstreifen als schnelle Alternative an. Weil nun niemand mehr gezwungen war, durchs Shop-Ville zu gehen, gab es plötzlich Geschäfte, die im Windschatten der Passantenströme lagen. Die Umsätze gingen von 44 Millionen Franken (Jahr 1980, teuerungsbereinigt) auf 30 Millionen (Jahr 2000) zurück.
Grüne Lichtstützen und blaue Lichtwände tragen die Decke der
Bahnhofpassage mit dem darüber liegenden Bahnhofplatz samt Trams und
Haltestellen.
Fotos: Walter Mairr
Ende 1996 gewannen die Winterthurer Architekten Arnold und Vrendli
Amsler den Studienauftrag zur Erneuerung des Shop-Ville. Sie nützen die
beiden wichtigsten Eigenschaften der Bahnhofpassage aus: Der Aussenraum
ist ein Innenraum. Und: Im Untergrund ist immer Nacht. Die Ladenbauten,
die bisher das Wegnetz zwischen den beiden Plätzen formten, rückten an
den Rand der Handschuhschachtel. Aus dem engen Gassengewirr unter dem
Bahnhofplatz wurde ein Platz unter dem Platz, den einzig die
Treppenaufgänge zur Tramhaltestelle durchbrechen. Man findet sich nun
im Untergrund besser zurecht und vor allem sind sämtliche Läden für
alle Passanten gut sichtbar.
Mit dem schwarzen Granitboden und
der glänzend schwarz gespritzten Decke haben die Architekten die Nacht
unter dem Bahnhofplatz noch schwärzer gemacht und einen Hintergrund für
ihre Lichtarchitektur geschaffen: blau und gelb leuchten die Kuben der
Treppenaufgänge, grüne Stützen tragen die Decke und hinter rot
schimmernden Abgängen führen die Treppen hinunter zur SZU. Ein blau
leuchtendes Band entlang der Raumkante lässt die Decke schweben und
überspielt die unveränderlich knappe Raumhöhe. Ein Lichtband bindet als
heller Fries die verglasten Ladenfronten zusammen. Ein Blickfang ist
der Züri-Brunnen, ein 740-düsiger würfelförmiger Lichtvorhang. Noch
spritzt der Brunnen über sein Becken hinaus, doch Besserung ist
versprochen. Arnold und Vrendli Amsler haben die Bahnhofpassage, einst
ein Mittelding zwischen Aussenraum und Innenraum mit
<Schwartenmagen>-Kunststeinboden und hellem Blechhimmel, in einen
eleganten Salon als Auftakt zur Bahnhofstrasse verwandelt. WH
Links: Gelb leuchten die Seitenwände der Treppenaufgänge aus der Unterwelt zur Stadt.
Rechts: Hinter den rot schimmernden Glaskästen führen die Treppen nach unten zu den Gleisen 1 und 2 der SZU.
Das ursprüngliche Shop-Ville war eine Handschuhschachtel mit zwei Armen. Zwischen den Aufgängen zur Perronhalle 1 und zur Bahnhofstrasse 2 spannte sich ein H-förmiges Wegnetz auf.
1990 erhielt das Shop-Ville Verbindungen zum S-Bahnhof 3 und zur tiefer liegenden SZU-Station 4. Arnold und Vrendli Amsler haben die Struktur vereinfacht und einen Platz unter dem Platz geschaffen.
Umbau Shop-Ville
2003
Bahnhofpassage/
Bahnhofplatz
Zürich
Bauherrschaft
Amt für Hochbauten
der Stadt Zürich
Architektur
Arnold und Vrendli Amsler
Winterthur
Bauleitung
Linder+Vogel
Zürich
Anlagekosten
(BKP 1–5)
CHF 44,5 Mio.