Six Frames
Lukas Lenherr
19. January 2023
Foto: Florian Amoser
Lukas Lenherr hat eine alte Scheune in Männedorf zu einem Wohnhaus umgebaut. Er erklärt, wie sechs Holzrahmen die Innenräume prägen und inwiefern sie eine Fortführung traditioneller Konstruktionsweisen darstellen.
Herr Lenherr, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Das Besondere liegt im nicht mehr Ersichtlichen: Die 1846 erbaute Schüür, die im Bestand erneuert wurde, musste während der Bauphase ersichtlich bleiben – nicht der Giebel, sondern die Tragstruktur und der Erkennungswert der Scheune. Sie gab auch die Volumetrie vor, was mit der Bestandsgarantie gesichert war. Gemäss den Vorgaben zum Ortsbildschutz musste sie auch nach dem Umbau den Erkennungswert einer Schüür zu haben, nur die Nutzung im Inneren ist heute eine andere.
Die Scheune aus dem Jahr 1846 vor der Umgestaltung (Foto: Florian Amoser)
Das historische Ökonomiegebäude wurde im Bestand erneuert. Der Erkennungswert musste dabei erhalten bleiben. (Foto: Florian Amoser)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Die bestehende Tragstruktur aus Holz wurden mit neuen Sprengwerken aus demselben Material ertüchtigt. Diese Konstruktionsweise ermöglichte uns stützenfreie Innenräume. Traditionell wurden Ökonomiegebäuden so gebaut, um die Räume möglichst flexibel nutzen zu können. Die sechs von uns hinzugefügten Holzrahmen gliedern das Innenleben neu, sind aber zugleich vom Bestand massgeblich beeinflusst. Es sind bis unters Dach offene Räume entstanden, wie man sie in traditionellen Scheunen findet. Sämtliche Holzverbindungen wurden analysiert und neu interpretiert. Insofern haben die bestehende Tragstruktur der Schüür und generell die Tragwerke historischer Scheunen den Entwurf wesentlich mitgestaltet.
Die bestehende Tragstruktur wurde mit sechs neuen Sprengwerken aus Holz ertüchtigt. (Foto: Florian Amoser)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?
Sämtliche Räume sind eine einzige grosse, sich in der Höhe und Tiefe verändernde Begegnungszone. Einzig das Schlafzimmer aus Arvenholz ist eine geschlossene Kapsel im Raumgefüge, die auf einem leimfreien Brettstapelboden über einem Kern aus Sichtbeton ruht. Ausgehend von dem Grundprinzip, dass alle Etagen mit Luftkorridoren verbunden sind, konnte die Bauherrschaft mit uns in rollender Planung etliche Entscheide am Bau fällen – etwa hinsichtlich der inneren Verkleidungen aus Holz, der Böden, der Absturzsicherungen und Türen, der Küche und vielem mehr. Die Bauherrschaft war sehr stark in den Umsetzungsprozess involviert, was ich auch für sehr wichtig halte. Auf sämtliche Veränderungen konnte konstant Einfluss genommen werden.
Der Planungsaufwand ist durch diese Vorgehensweise gewiss ein wenig höher, sollte aber deswegen nicht gescheut werden. Und sicher muss seitens des Architektenteams Vertrauen in die Bauherrschaft aufgebaut werden, um beweglich genug zu bleiben für Veränderungen am Bau.
Die Konstruktion ermöglicht stützenfreie Innenräume. (Foto: Florian Amoser)
Schweizer Holz prägt die Räume und bestimmt die Atmosphäre. (Foto: Florian Amoser)
Foto: Florian Amoser
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten Ihres Büros ein?
Oft sind unsere Bauten im rohen Zustand schon fertig. Das ist für die beteiligten Unternehmer nicht immer einfach, jedoch kann sich die Bauherrschaft schon viel früher mit dem Gegebenen auseinandersetzen. Dann sind sämtliche Materialien – im konkreten Fall mit Ausnahme der Fassade – unbehandelt, aus der Region oder wiederverwendet. Der Beton im Untergeschoss war diesmal unumgänglich, vor allem in Bezug auf die Sicherung der bestehenden Schüür. Die Gebäude erscheinen insgesamt schlussendlich eher streng – jedoch einheitlich, einfach und unkonventionell.
Der Sonnenschutz aus schwarzen Holzlamellen lässt sich manuell einstellen. Die Holzfassade, eine Yakisugi-Fassade, ist eine traditionelle japanischen Methode der Holzkonservierung. Das Verbrennen der obersten Schichten des Holzes auf drei Seiten macht die Fassade für lange Zeit haltbar. Das verwendetet Holz, Weisstanne aus dem Jura, konnte auch im Innern als Bodenbelag eingesetzt werden. Am liebsten hätte ich noch Daisugi-Holz verwendet, eine besondere Art, die in Japan in nachhaltiger Forstwirtschaft gewonnen wird. Der Import wäre jedoch ökologisch nicht vertretbar gewesen.
Bei der Fassade kam eine traditionelle japanische Konservierungsmethode zum Einsatz: Die obersten Schichten des Holzes wurden auf drei Seiten verbrannt. (Foto: Florian Amoser)
Foto: Florian Amoser
Foto: Florian Amoser
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?
Wir bauen schon immer sozial und ökologisch nachhaltig. Wir verfolgen so wenige Tendenzen wie möglich und konzentrieren uns auf unsere eigenen Beobachtungen. Hinsichtlich der Nachhaltigkeit kann jedoch sicher gesagt werden, dass unterdessen zahlreiche Plattformen entstanden sind für die Wiederverwendung von Bauteilen, was die Ausgangslage sehr vereinfacht. Diese Plattformen sind ein integraler Bestandteil unseres Schaffens geworden. Ich denke da vor allem an das Bauteillager des Denkmalschutzes Thurgau – ein wunderschönes Ensemble und Engagement.
Foto: Florian Amoser
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Mit Sicherheit ist allgemein Holz das entscheidende Material für die architektonische Qualität dieses Umbaus. Die zur Bauzeit turbulente Ausgangssituation auf dem Holzmarkt «ermöglichte» schlussendlich, das Projekt Six Frames ausschliesslich mit Schweizer Holz zu errichten. Die Schüür wurde von der Tragstruktur, der Dämmung, den Fenstern, den Türen und Treppe bis hin zur Verkleidung des Innenraumes am Boden und den Wänden mit lokalem Holz erbaut. Es kommt in etwa sieben Typen und Zuständen vor.
Foto: Florian Amoser
Grundriss Erdgeschoss
Schnitt
Six Frames
Standort
8708 Männedorf
Nutzung
Einfamilienhaus
Auftragsart
Direktauftrag
Bauherrschaft
Privat
Architektur
Lukas Lenherr Architektur GmbH, Quinten
Fachplaner
Weber Ingenieurbau GmbH, Eschenbach
Besmer Holzingenieure GmbH, Sattel
Bauleitung
Lukas Lenherr Architektur GmbH, Quinten
Fertigstellung
2022
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Baumeister: Brunner Strub + Partner AG
Holzbau, Schreinerarbeiten und Parkett: Kübler AG
Fenster: Keller Fensterbau-Schreinerei AG
Dach- und Spenglerarbeiten: Betschart Gebäudehülle AG
Elektroarbeiten: BS Wyss Elektro AG
Haustechnik: Josef Peterer Haustechnik AG
Treppen: Langegg Treppenbau
Fotos
Florian Amoser
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