Dezent farbenfroh
spaceshop Architekten aus Biel haben drei historische Schulpavillons im Berner Quartier Elfenau saniert und erweitert. Zusammen mit den großzügigen Freiflächen ringsherum ist eine harmonische Gesamtanlage entstanden, die den aktuellen Ansprüchen an den Schulbetrieb der Basisstufe mehr als gerecht wird.
Große, repräsentative Bauten mit Mittelgang und seitlich abgehenden Klassentrakten waren bis in die frühen 1900er-Jahre der Gründerzeit typisch für die Schularchitektur. Als Gegenentwicklung zu diesem »Kasernentyp« kam mit den Ideen des Neuen Bauens um 1920 sowie reformpädagogischen Ansätzen der Wunsch nach einer neuen Architektur auf, die den Schulkindern und den betreuenden Lehrpersonen mehr Raum zur Entwicklung, mehr »Licht und Luft« sowie einen direkteren Zugang zum umgebenden Außenraum ermöglichen würde.
Frühe Entwürfe von Fritz Schumacher, Bruno Taut und Otto Haesler entstanden in Deutschland, parallel dazu gab es auch in der Schweiz erste Schulen im Pavillonsystem. Das Zürcher Schulhaus Langmatt, das 1933 im Stadtteil Witikon gebaut wurde und heute als früher Zeuge des neuzeitlichen Schulbaus im Inventar der schutzwürdigen Bauten gelistet ist, ermöglicht den Schulkindern den ebenerdigen Zugang zum Außenraum. Anders als die Witiker Pavillonschule hatte die Stadt Bern sich in den 1930er-Jahren mit Schulbauten aus Holz befasst. Ein Musterpavillon stand ab 1929 in der wenige Jahre zuvor eingemeindeten Elfenau und wurde bereits 1933 um einen zweiten Bau ergänzt. Beide Häuser begrenzten einen großen Freiraum, der auch heute noch als Park- und Spielfläche genutzt wird und mit großen Bäumen besetzt ist. Der dritte Pavillon der Schulanlage, als Kindergarten genutzt, kam 1951 hinzu und ist als wesentlich schlichterer Massivbau ausgeführt.
Über die Jahrzehnte wurden die drei Pavillons intensiv genutzt, in einem von ihnen war sogar eine kleine Sporthalle untergebracht worden. Mit den geänderten Nutzungsanforderungen im Schulbetrieb wurde es jedoch notwendig, die Räumlichkeiten aufzuarbeiten, instand zu setzen und energetisch zu verbessern. Der Zuschlag im zweistufigen, selektiven Planerwahlverfahren ging an das Bieler Büro spaceshop Architekten und das Team von Weber + Brönnimann Landschaftsarchitektur, die alle drei Bauten bis 2024 renovierten, umbauten und erweiterten sowie die Freiflächen ergänzten und neu gestalteten. Auch wenn die Bauten nur eine überschaubare Größe haben, hatten es die Details dabei in sich.
Dem ältesten Pavillon am Kistlerweg sieht man seine in Absprache mit der Denkmalpflege erfolgte Renovierung am wenigsten an: Die Architekten bewahrten die Schindelfassade und ergänzten sie, wo nötig. Die historischen Fenster ließen sie restaurieren und setzten dahinter in zweiter Ebene Vakuum-Isoliergläser, um die energetischen Anforderungen zu erfüllen. Im Inneren stellten sie eine Farbgebung wieder her, die den Farben der Entstehungszeit sehr nahekommt. Als deutlicher architektonischer Eingriff gibt ein Rundfenster den Blick vom Vorraum in das Klassenzimmer frei, auch wenn dessen Tür geschlossen ist. Neben einem einzelnen Schulzimmer mit seitlichem Spiel- und Vorbereitungsraum gibt es ein großes Lehrerzimmer sowie direkt im Vorbereitungsraum eine kleine Teeküche. Die dahinter liegenden Toiletten wurden im Rahmen der Sanierung voll demontiert, alle Holzelemente aufgearbeitet, neu gesetzt und gestrichen. Die Wirkung, die die Räume nun auf einen haben, ist interessant: Auch wenn neue Elemente das alte Gebäude ergänzen, kommt es einem nicht wie etwas Neues vor.
Im zweiten Pavillon ist die Raumaufteilung gleich – statt des Lehrerzimmers wurde jedoch ein Mehrzweckraum eingerichtet, der auch für die Tagesbetreuung genutzt wird. Der vormals nur über Kämpfer erhellte und lange für den Schulsport genutzte Vorraum ist nun eine vollwertige Garderobe mit großen Fenstern. Im Zuge des Umbaus planten die Architekten tiefer nach unten reichende Fenster ein und ließen die bestehenden Fensterbänke und Rahmungen so aufarbeiten, dass sie wiederverwendet werden konnten.
Der jüngste der Pavillons erfuhr wohl die größte Transformation: Er wurde auf der Südostseite um die Hälfte seiner Breite mit einer vorgesetzten Holzkonstruktion erweitert. Zum angrenzenden Garten hin sind jetzt kleinteilige Aufenthaltsbereiche ausgerichtet, der üppig große Hauptraum wird über ein neues Rundfenster auf der Südwestseite zusätzlich erhellt. Dank der klaren Raumstruktur und den vielfältigen, bei der Planung mitgedachten Stauräumen bleibt für die Kindergartenkinder viel freier Raum zum Spielen – innen und ebenso außen im gedeckten Freibereich.
Auch im Außenraum zwischen den Pavillons fanden neue Gedanken Raum, gleichzeitig wurde Bewährtes erhalten: Die Spielflächen sind um mehrere Geräte, der Grünbestand um einige Bepflanzungen ergänzt. Der vormals befahrene Kistlerweg zwischen dem jüngsten und dem ältesten Pavillon ist nun eine Spielstraße, die mit Sitzbank, Brunnen und Tischtennisplatte die Quartierbewohner zur Mitbenutzung einlädt. Zum Gedanken dieser Einladung passt auch das Kunst-am-Bau-Projekt »Roll & Flow« von Alain Jenzer, das den weißen Holzzaun am Kistlerweg optisch aufrollt und damit den Weg zum inneren Spielbereich freigibt.